Handy vergessen: Die unerwartete Reise der totalen Freiheit

Handy vergessen: Die unerwartete Reise der totalen Freiheit
Man fliegt auf Dienstreise, doch das Handy liegt vergessen Zuhause. Fluch oder Segen? Ein Selbstexperiment.
Sandra Baierl

Sandra Baierl

Der Frühflug ruft, heißt: 4:30 Uhr aufstehen, 6 Uhr am Flughafen sein. Um bei der Zugangskontrolle zu bemerken: das Mobiltelefon liegt daheim. Es folgten alle vier Phasen einer Krise: 

Schock – wie soll ich die Dienstreise bewältigen? Reaktion – ich brauche ein Flugticket aus Papier. Bearbeitung – am Airline-Schalter auch gleich das Rückflugticket bekommen. Neuorientierung – irgendwie wird das schon gehen, von 6 Uhr früh bis zur Rückkehr um Mitternacht nicht erreichbar zu sein. Und ohne Mails, ohne Nachrichten, ohne Anrufe, ohne Fotos, ohne Aktienkurse, ohne Netflix, ohne News, ohne Navigation zu sein. Sprich: ohne j e g l i c h e Ablenkung.

Es ging. Und wie gut es ging.

Am Abfluggate borgte ich ein Handy von Fremden aus, um zu Hause Bescheid zu geben. Es folgten äußerst entspannte Stunden des Daseins: Fliegen ohne Video, Ankommen ohne Nachrichtenflut, Essen ohne Email-Schreiben, kein Fotografieren, kein Surfen, kein Googeln, den Tag verbringen, ohne ans Büro, an die Familie, die Welt angebunden zu sein.

Diesen Zustand akzeptiert man erstaunlich schnell. Und dann stellt sich die völlige Freiheit in Kopf und Körper ein: man blickt weiter, erlebt besser, ist im Hier und Jetzt, die Gedanken beginnen zu laufen, Ideen kommen, die Fantasie ist zurück, das freie Denken wieder da. Es war wie ein Entgiftungstag, zwar wider Willen, aber jederzeit wieder gerne.

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