Geld lieben und Ziele stecken
Wie Finanzen Spaß machen, sparen richtig funktioniert und sich ein Vermögen auch ohne Verzicht erarbeiten lässt
Christiane von Hardenberg hatte Geld und musste es erst lieben lernen. Mitte zwanzig trat sie das Erbe ihrer Eltern an. „Das war ganz schön einschüchternd und überfordernd“, blickt sie zurück. Die Finanzwelt war von Männern in grauen Anzügen geprägt. Die Volkswirtin ließ sich davon nicht abschrecken. Wer sich mit Geld beschäftigt, entwickelt Spaß daran, sagt sie aus eigener Erfahrung. „Geld verdienen, investieren, ist wie ein Spiel für mich. Nicht, dass ich zocke. Aber ich will gewinnen. Beim Tennis zählen die Punkte, beim Geld der Kontostand.“
Der Einstieg wäre viel einfacher als man denkt, versichert die Wiener Finanzexpertin und „Moneyküre“-Podcasterin Lisa Pulsinger. Der erste und wichtigste Schritt: Die eigene finanzielle Lage kennen. Wo stehe ich, wie viele Ausgaben habe ich und wo will ich hin? Daraus lassen sich Ziele definieren, rät auch Christiane von Hardenberg. Und betont: Das Ziel gegen Altersarmut ansparen zu wollen, ist viel zu kurz gesteckt.
Planen statt träumen
„Wie viele im Raum haben schon überlegt, Millionärin zu werden“, fragt sie während ihrer Keynote beim Female Empowerment Event in die Runde. Eine überschaubare Anzahl von Händen geht in die Höhe. Dabei lässt sich die Million sogar realistisch anpeilen, verrät Larissa Kravitz im nächsten Abschnitt. Wenn man nur weiß wie und den Finanzplan rechtzeitig umsetzt. „Wenn wir uns keine Ziele setzen, werden wir nicht weit kommen“, ruft Christiane von Hardenberg ins Gewissen. „Zwanzig Prozent von einer Million zu erreichen, ist immer noch besser als nur ‘nicht arm’ zu sein.“
Sparen statt verzichten
Sich ein Vermögen für die Zukunft ansparen, klingt nach Verzicht in der Gegenwart. Wo der Sparstift von Frauen zuerst angesetzt wird? Beim Cappuccino für unterwegs oder beim neuen Outfit, weiß Christiane von Hardenberg. Und mahnt: „Ich habe noch keinen Finanzratgeber für Männer gelesen, wo drinsteht, dass sie auf die Rolex oder den Segeltörn verzichten sollen.“ Der finanzielle Mehrwert wäre beim Kaffee sowieso überschaubar. Stattdessen empfiehlt die Expertin, neben einem konkreten Ziel, folgende drei Spartipps umzusetzen:
- Eine Sparquote von 10 bis 30 Prozent vom Nettogehalt festlegen.
- Am Monatsanfang investieren. Das ist unverhandelbar, wie die Miete.
- Geldregen, den man nicht erwartet hat (Boni, Steuergutschrift), zu 50 Prozent investieren. Und dem Geld beim Arbeiten zusehen.
Geld haben und Vermögen aufbauen
Vom Zinseszins und der Macht der langen Laufzeit profitieren
Wie geht das jetzt mit der Million? Wege dorthin sind vielseitig – Larissa Kravitz, Finanzprofi, Podcasterin und Autorin von „Money, honey“ zeigt einen auf: Ab der Geburt zu sparen beginnen. Das macht man vermutlich nicht selbst, sondern die Eltern. Investieren diese den vollen Betrag der Familienbeihilfe bis zum 20. Geburtstag und legen ab dann nichts mehr ins Portfolio, „wird allein durch die Weiterentwicklung das Kind mit 65 Millionär sein“, sagt Kravitz. „Das ist die Macht der langen Laufzeit.“ (Wer es nachprüfen will, schaut in einen Online-Sparplanrechner.)
Investieren statt bunkern
Da nicht alle Eltern diese Möglichkeit haben, hat Kravitz einen weiteren Tipp für Frauen, finanziell vorzusorgen: Den Gender Pension Gap (Frauen bekommen 922 Euro weniger Pension als Männer) eigenmächtig schließen. Investiert eine 32-jährige Frau (Durchschnittsalter bei der Geburt des ersten Kindes) pro Monat 175 Euro in ein Portfolio mittleren Risikos, ist die Lücke bei Pensionsantritt ausgeglichen. KESt abgezogen.
Wie investiert man jetzt richtig? Kravitz’ wichtigster Ratschlag: Nicht versuchen, die superheiße Aktie zu finden. „Das geht tendenziell schief und wenn es gut geht, wird man übermütig.“ Die Basis eines guten Portfolios wäre eine breite Diversifizierung. Mit ETF-Sparplänen wäre es heute einfach, global zu streuen. Auch der Spruch: „Geld allein macht nicht glücklich. Es braucht Gold, Grundstücke und Aktien dazu“, würde viel Wahres in sich tragen. „Es gibt immer eine Asset-Klasse, die je nach Wirtschaftsphase gut läuft“, sagt Kravitz.
Angst vor dem ersten Investment braucht es keine, entwarnt Fondsmanager und Kapitalmarktprofi Wolfgang Matejka. Schließlich investiert der Mensch tagtäglich – beim Schuhe kaufen, Essen gehen, Reisen planen. „Wir setzen uns mit dem Risiko des Investments auseinander“, sagt er. Der einzige Unterschied beim Anlegen wäre, dass dieses Investment direkt mit Geld verbunden ist. Und sich nicht hinter einem Gegenstand oder Genussmoment versteckt.
„Scheuen Sie sich nicht vor Fehlern“, ermutigt auch Christiane von Hardenberg in ihrer Keynote. „Die kommen vor, aber die wenigsten sind unkorrigierbar.“ Sie selbst investierte vor 20 Jahren versehentlich eine viel zu große Summe („Ich habe mich um eine oder zwei Nullen vertippt“) in einen nigerianischen ETF und plünderte ihr Depot. Die nächsten Tage war sie schlaflos, aber nach drei Wochen waren alle ungewollten Positionen aufgelöst, als wäre (fast) nichts passiert.
Geld ausgeben und Risiken minimieren
Wenn es finanziell schlechter läuft, ist Vorbereitung alles
Jedes Investment, ob an der Börse oder im Lebensalltag, ist mit Risiken verbunden. Doch ein Risiko wird nur dann beherrschbar, wenn man es kennt und lernt, damit umzugehen, ist Fondsmanager Wolfgang Matejka überzeugt. „Genau hier braucht es eine Bewusstseinsschärfung“, erklärt Karin Kafesie, Head of Communication, internal Cooperation und Collaboration in der VIG.
2023 beauftragte die Versicherungsgruppe bei Gallup International eine großflächige Studie, die in neun Ländern Zentral- und Osteuropas durchgeführt wurde. Mit dem Ergebnis: Zwei Drittel der Befragten sind sich ihrer Risiken in den Bereichen Gesundheit, Beruf, Wohnen, Haftung und Cyber wenig bis gar nicht bewusst. Sieben von zehn gehen nicht davon aus, dass Risiken jemals eintreten könnten, obwohl ein potenzieller Schaden als hoch eingeschätzt wird.
Im internationalen Vergleich zeigt sich laut Kafesie außerdem: „In Österreich werden Risiken öfter verdrängt als in anderen Ländern.“ Viele Menschen wiegen sich in Sicherheit, dass der Staat sie auffängt. Eine Erwartungshaltung, die oft nicht richtig ist - so leistet z.B. die gesetzliche Unfallversicherung nicht bei Freizeitunfällen, die aber die Mehrheit aller Unfälle ausmachen“. Kafesie rät zu reflektieren: Welche Risikobereiche sind am gravierendsten? Wie kann man sich absichern?
Wenn etwas passiert
Karin Meier-Martetschläger bietet ein finanzielles Sicherheitsnetz, wenn die meisten Banken einen Riegel vorschieben. „Sie brauchen Geld? Wir haben es für Sie“, verspricht die Webseite ihrer Pfandleihanstalt. Belehnt werden Autos und Versicherungen, Geld gibt es in wenigen Minuten bis Stunden. „Wir sind im Mittelstand angekommen, weil die Bank manche Wünsche gar nicht erfüllen kann“, sagt sie am Podium. „Als Österreicher spart man nur, wenn man Zinsen bekommt“, so ihre Beobachtung. „Aber man müsste immer einen Finanzpolster im Hintergrund haben.“
Auch Karin Meier-Martetschläger ruft deshalb die Bedeutung eines Finanzplans noch einmal in Erinnerung. „Wenn ich einen Schatz suche und keine Karte habe, werde ich ihn nicht finden“, sagt sie. Und rät Frauen davon ab, ihr Geld und die Finanzplanung aus der Hand zu geben. „Jeder muss wissen, was ihm gehört. Wer sagt, das Geld macht mein Mann, der hat verloren.“ Schließlich könnte immer Unvorhergesehenes passieren. Und dafür will man gerüstet sein.
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