Vom Betonbau bis zur Hotel-Rezeption: Werden Fachkräfte immer besser?

Vor genau einer Woche konnte Team Austria bei den EuroSkills insgesamt 29 Medaillen abräumen: sechsmal Gold, dreimal Silber, dreimal Bronze und 17 Medaillons for Excellence. Österreichische Fachkräfte gehören somit zu den besten Europas – und das, obwohl die Anforderungen der Berufsbewerbe Jahr für Jahr steigen, wie SkillsAustria-Präsident Josef Herk erklärt.
Aber was bedeutet das? Werden unsere Fachkräfte immer besser? Der KURIER hat sich in Herning, Dänemark, während der Berufseuropameisterschaften bei Experten und Ausbildnern umgehört – von Köchen, Mechatronikern und Friseuren bis hin zu Betonbauern und Maurern.

Steigende Anforderungen
Das Niveau der Berufsbewerbe steigt stetig. Hier sind sich die Experten einig. Die Aufgabenstellungen werden überraschender, die Auswertung strenger. Das verbrauchte Material wird beispielsweise genauer kontrolliert, um festzustellen, wie oft die Teilnehmer sich verschliffen oder verbogen haben. Zudem müssen sie im Laufe des Bewerbs mit neuen Kundenwünschen rechnen, was die Aufgaben zusätzlich verändert. „Sie müssen auf alles vorbereitet sein“, erklärt Wolfgang Eder, Bundesinnungsmeister der Friseure (WKO). Genau dieses breite Wissen und die Flexibilität machen eine Fachkraft aus, sagt er.
Die Fachkräfte scheinen den Anforderungen sehr gut zu erfüllen, wie sich eine Station weiter im Betonbau zeigt. Thomas Prigl, Vizedirektor an der Berufsschule für Baugewerbe BS Bau in Wien, trainiert seit 2015 Betonbau-Teams. Allesamt ungeschlagen – trotzdem werden sie laufend stärker. „Eine Aufgabe, für die wir bei der Weltmeisterschaft in São Paulo noch 22 Stunden gebraucht haben, schaffen wir heute in 18.“ Grund dafür sind das intensive Training und die verbesserte Ausbildung.

Aber selbst an der Spitze darf man nicht stehen bleiben – das bemerkt Mike Pansi, Fachgruppenobmann Gastronomie der WK Vorarlberg. „Man versucht, die Profession auf die nächste Ebene zu heben. Wir wollen auch unseren Rang als Kulinarik-Nation verteidigen“, erklärt er. Die Erwartungen an den Beruf steigen stetig und man ist einen gewissen Standard gewohnt.
Außerdem schläft die Konkurrenz bekanntlich nicht, ergänzt Jürgen Kraft, Geschäftsführer von SkillsAustria. Sorgen bereitet ihm das keine: „Unsere Fachkräfte werden immer besser. Wir entwickeln uns weiter.“ Zudem spielen die zunehmend komplexen Aufgabenstellungen dem Team Austria in die Karten.
Das Ass im Ärmel
„Das ist genau wie in der Arbeit“, soll ein Teilnehmer dem SkillsAustria-Geschäftsführer nach den Berufsbewerben erzählt haben. Auch im Job muss man flexibel auf Kundenwünsche reagieren und mit etwaigen Überraschungen rechnen. Durch die duale Ausbildung können österreichische Teilnehmer diese Erfahrung längst in ihrem Berufsalltag sammeln. „Außerdem dürfen 15- und 16-Jährige auf der Baustelle Tätigkeiten übernehmen, die in anderen Ländern nicht möglich sind“, so Thomas Prigl. „Wer so früh anfängt, entwickelt einen anderen Zugang und eine gewisse Reife.“
Was die Fähigkeiten der Fachkräfte weiter schärft, ist, dass die Berufsbilder und Lehrpläne regelmäßig mit der Wirtschaft und Industrie abgeglichen werden, erklärt Jürgen Kraft. „Das System ist nicht starr. Es wird darauf geachtet, dass der Bedarf der Wirtschaft abgedeckt ist“ – sowohl in Hinblick auf konkrete Anforderungen als auch auf die neueste Technik. „Ob Fräser, Maurer, Kfz-Technik oder Steinmetz: Robotik kommt bereits in sehr vielen Berufen und somit in der Ausbildung vor.“
- Seit 1958 ist die WKO Mitglied von „WorldSkills International“ und entsendet seit 1961 regelmäßig ein österreichisches Team zu den internationalen Berufsweltmeisterschaften.
- Österreich ist auch seit den ersten Europameisterschaften „EuroSkills“ 2008 am Start.
- Die WorldSkills 2026 finden in Shanghai, China statt. Wer sich qualifiziert, entscheidet sich bei den Austrian Skills im November.
Im technischen Bereich sieht Prigl jedoch auch Hürden. Nicht immer gelinge es, mit den rasanten Veränderungen Schritt zu halten: „Vor 15 Jahren haben die meisten Österreicher noch nicht einmal auf ihren Handys gewischt. Wie will man Curricula für Personen schreiben, die erst 15 Jahre später in der freien Wirtschaft fit sein müssen?“, fragt er.
Ein Schwerpunkt der Experten liegt deshalb auf einem guten Fundament. Fachkräfte sind nur so stark wie ihr Grundwissen, lautet der Tenor. Wenn einfache Aufgaben durch KI oder Automatisierung wegfallen, fehlt die Übung – und damit das tiefere Verständnis für Systeme, warnt Josef Herk. „Die Grundlagen sind bedeutender denn je, und die Wiederholung ist die Mutter der Pädagogik“, erklärt auch Thomas Prigl. Durch monotone Tätigkeiten lernt man die Technik von Grund auf – was wiederum bei den Berufsbewerben ein Vorteil ist. Denn wer die Basis beherrscht, erkennt eher Fehler. Deshalb dürfe man in der Ausbildung keine Abkürzungen gehen – selbst wenn manche Aufgaben langweilig erscheinen.
„Es ist ein Spagat zwischen einem sehr guten Fundament und der Fähigkeit, flexibel zu bleiben.“ Und dafür müsse man lebenslanges Lernen positiv besetzen – „es in die DNA der Lehrlinge einbauen“, sagt Prigl.
Kommentare