Ein Coach für die Lehrzeit
Eine Lehrstelle gefunden, den Lehrvertrag unterzeichnet, die Ausbildung begonnen – für viele klingt das wie das Ende all ihrer Jobprobleme. Doch für andere fangen die Probleme genau da an: Lehrherren, die nichts lehren wollen; Lehrlinge, die eine Null-Bock-Motivation zur Schau tragen – manchmal werden die Reibereien so groß, dass man Hilfe von außen braucht.
Genau hier setzt das Programm "Lehre statt Leere" (www.lehre-statt-leere.at) an. Die Koordinationsstelle unterstützt bei Herausforderungen während der Lehrzeit, indem sie in Einzelcoachings mit Lehrlingen oder Lehrbetrieben Lösungen erarbeitet. Start des österreichweit gratis angebotenen Programmes, dessen Träger Wirtschafts- und Sozialministerium sind, war im Herbst 2015. "Rund 45 Coaches sind für uns tätig und haben mittlerweile 600 Beratungen durchgeführt. Das Programm wird sehr gut angenommen", freut sich Dagmar Zwinz, verantwortlich für Kommunikation und Vernetzung bei "Lehre statt Leere." Vor allem Lehrlinge nutzen das Angebot, die Betriebe entdecken es erst langsam. Dabei ist doch gerade das Jammern vieler Lehrherren laut? Zwinz:"Wir erleben sie nicht als jammernd, sondern eher hilflos. Viele Betriebe bemühen sich sehr, sind engagiert, kommen aber einfach nicht an die Lehrlinge heran."
Wachsender Druck
Auch Coach Karin Eller ist von der Notwendigkeit des Programms überzeugt. "Lehrlinge sind einem ständig wachsenden Druck ausgesetzt", erklärt sie. Die Probleme reichen von Lernschwierigkeiten über Prüfungsangst bis hin zu sexuellem Missbrauch, Trauer in der Familie oder Drogen. Eller: "Leider mussten wir feststellen, dass Mobbing bei sehr vielen Lehrlingen ein großes Thema ist. Um hier zu helfen, braucht es ausreichend Zeit." Grundsätzlich stehen bis zu 12 Einheiten zur Verfügung. "Merkt man jedoch im Laufe der gemeinsamen Arbeit, dass das nicht ausreicht, können wir so lange unterstützen, bis sich die Situation merklich verbessert hat", so Eller.
Markus* (Name geändert) ist einer ihrer Coachees. Seine Lehre als Verwaltungsassistent, so erzählt der 17-Jährige, macht ihm großen Spaß – "aber die Berufsschule hab’ ich nicht geschafft." Im Coaching fand Markus heraus, was für ein Lerntyp er ist und fasste so wieder Fuß. "Es ist keine Psychotherapie, da muss man keine Angst haben. Aber man kann genau auf die eigene Situation eingehen." Wie reagierte sein Umfeld, als er zum Coaching ging? "Was andere Leute denken, ist mir egal. Ich habe es für mich gemacht. Und es hat gut funktioniert", so der Lehrling.
Eine andere Webseite, die weiterhilft, wenn man die Lehre schmeißen will, ist www.unentdeckte-talente.at. Hier gibt es Infos zu über 100 Beratungseinrichtungen in Wien. Brauchen Lehrlinge mehr Beratung als früher? Projektleiterin Doris Landauer: "Nein, wenn es darum ginge, ob die Lehrlinge heute ,dümmer‘ sind. Ja, weil die Welt erheblich komplexer geworden ist. Daher brauchen sie mehr Hilfe zur Orientierung."
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