CEO zu Start-ups: „Viele verkaufen etwas, das nicht der Realität entspricht“

KURIER: In einer neuen Umfrage hat Speedinvest gemeinsam mit der Technischen Universität München erfragt, welche Faktoren für Investoren ausschlaggebend sind, um in Start-ups zu investieren. Welches war das für Sie überraschendste Ergebnis?
Oliver Holle: Am meisten überrascht hat, dass Europa und die USA bei vielen Sachen sehr ähnlich ticken. Unterschiede bestanden etwa nur darin, dass US-Investoren vermehrt höhere Beteiligungen an Start-ups anstreben oder einen stärkeren Fokus auf potenzielle Exit-Optionen und Börsenlistungen schon bei Investmententscheidungen legen.
84 Prozent der Investoren halten Unicorns für überbewertet. Selbst die, die schon in Einhörner investiert haben. Warum?
Das ist auf zwei Effekte zurückzuführen. Auf die sinkenden Kurse von vielen gelisteten Technologieunternehmen ab 2022. Berühmte Unternehmen wie UiPath, Spotify, Shopify haben bis zu 70, 80 oder 90 Prozent an Wert verloren. Und auf die Gewinne bei Exits, die auch im Private Equity Segment massiv zurückgegangen sind.
Zentral für Investitionen ist das Management-Team eines Start-ups. Weshalb ist das so?
Die Hälfte aller befragten Investoren sagt laut unserer Studie, dass das Management- bzw. Gründungsteam der wichtigste Faktor für eine Investitionsentscheidung sei, aber auch der wichtigste Faktor für den Erfolg sowie Misserfolg eines Start-ups. Mit unserer Studie wollten wir im Detail verstehen, was das bedeutet.
Im Allgemeinen konnten wir feststellen, dass es hier zwischen Investoren unterschiedliche Ansichten darüber gibt, was ein gutes Management-Team ausmacht. Faktoren wie Branchenkenntnis, unternehmerische Erfahrung, Führungsqualitäten, emotionale Intelligenz und die Eigenschaft, schnell aus Fehlern zu lernen, wurden immer wieder genannt.
Das Bauchgefühl nach dem ersten Treffen soll besonders ausschlaggebend für Investitionsentscheidungen sein. Welche Eigenschaften müssen Gründerinnen und Gründer haben, damit Sie ihnen Ihr Vertrauen schenken?
Ein ehrliches Auftreten ist uns sehr wichtig. Unterlagen und Fakten über Produkt, Markt, Team etc. sollten der Realität entsprechen. Es gibt leider immer noch zu viele Player, die etwas verkaufen, das nicht der Realität entspricht oder die gewisse Informationen bewusst unter den Tisch fallen lassen. Vertrauen gewinnt man über offene, direkte Kommunikation und einen ehrlichen Umgang miteinander – das ist essenziell.
Und abseits der offenen Kommunikation?
Daneben sind uns natürlich auch weitere Eigenschaften sehr wichtig: Branchenkenntnis etwa, um die Kunden- und Marktperspektive besser verstehen zu können und so von Anfang an adäquate Entscheidungen zu treffen. Auch Erfahrung ist wichtig, denn erfahrene Gründer haben einen klareren Blick dafür, wie sie ein Team zusammenstellen, Fähigkeiten und Talente weiterentwickeln, Kunden ansprechen, Prozesse gestalten und umsetzen.
In der Start-up Welt geht es darum, hochqualifizierte Talente für die eigene Vision zu gewinnen, Investoren von der Geschäftsidee zu überzeugen, und stets an der Weiterentwicklung der eigenen Idee zu arbeiten – das bedeutet, schnell aus Fehlern zu lernen und immer wieder neu zu adaptieren.
Wann läuten beim Kennenlernen des Gründungsteams als Investor die Alarmglocken?
Wenn sie viel zu spät oder gar nicht kommen. Oder wenn man das Gefühl hat, dass das Team nicht lernfähig oder offen für Feedback ist. Auch wenn es Anzeichen dafür gibt, dass das Team keine Expertise in dem Markt oder mit der Technologie hat.
Auf die Zahlen schauen 13 Prozent der Investoren kaum, verrät Ihre Studie. Aber es muss ja auch etwas für den Kapitalgeber herausspringen.
Das Start-up sollte das Potential haben, sich zu einem großen funktionierenden Unternehmen zu entwickeln. Unsere Studie zeigt hierbei, dass Venture-Capital-Investoren einen durchschnittlichen Nettoreturn von rund 30% pro Jahr erwarten.
Zudem ist der Cash on Cash Multiple sehr wichtig – dabei geht es um die Frage, wie oft ich als Investor das eingesetzte Kapital über einen Exit zurückbekomme. Hier wird häufig die Verfünffachung des Kapitals unter Investoren in Europa als angestrebtes Ziel angeführt.
Der vierte Speedinvest-Fonds ist 500 Millionen Euro schwer. Wie viel davon ist denn bereits vergeben?
Wir haben erst einen Bruchteil in rund 25 junge Technologieunternehmen in ganz Europa investiert. Darunter viel in den Bereichen Climate Tech, Deep Tech oder Software as a Service.
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