Weil es den Prozess nicht unterbricht und Bewerber, die oftmals nur latent auf der Suche sind, nicht durch Hürden wie Motivationsschreiben oder Dienstzeugnisse abgeschreckt werden, so der Personalberater.
Gibt es damit den Job auf dem Silbertablett? Nein, merkt Maly an. Ist die erste Hürde eines komplizierten Bewerbungsverfahrens genommen, können Unternehmen im Nachgang vertiefend evaluieren. Für Firmen bedeute das mehr Aufwand, dieser sei jedoch alternativlos, so Maly.
Hinzukommt eine klare Beschleunigung der einzelnen Bewerbungsschritte. Maly: „Die Entscheidungszyklen werden kürzer. Braucht man zu lange, läuft man Gefahr, interessante Bewerber zu verlieren.“
Nach einem Monat: Lidl zieht Bilanz
Lidl zieht nach Änderung des Bewerbungsverfahrens eine erste Bilanz und ist zufrieden: So sei die Abbruchquote eindeutig geringer geworden, erklärt Martin Wollmann, Personal-Geschäftsleiter bei Lidl Österreich. „Das bedeutet, dass jemand, der mit seiner Bewerbung beginnt, diese mit einer höheren Wahrscheinlichkeit tatsächlich abgibt.“
Sobald es zum Hochladen des Motivationsschreibens kam, sollen viele Interessenten ihre Bewerbung zuvor abgebrochen haben. Auch die Quote bei Einstellungen zeigt Verbesserung: So seien bei derselben Anzahl an Bewerbungen mehr Einstellungen erfolgt. Wollmann vermutet, mit dem neuen System „die richtigen Interessenten“ zu erreichen.
Die Sorge, einen Qualitätsverlust unter den Bewerbern zu erleiden, wenn diese vor der Anstellung keinen Mehraufwand leisten wollen, hat Wollmann nicht. „Wenn wir Bewerbern eine Chance geben, zahlen sie diese auch mit hohem Engagement zurück.“
Auch Personalberater Maly sieht hier wenig Gefahr. „Klarerweise sind auch Menschen darunter, die sich inflationär bewerben“, sagt Maly, jedoch würde eine insgesamt höhere Anzahl an Bewerbern diese Problematik aufwiegen.
Keine Motivationsschreiben mehr
Das Motivationsschreiben vermisse man weder bei Lidl noch in der Personalberatung. „Uns ist der Lebenslauf wichtiger plus die Chance, überhaupt mit den Kandidaten ins Gespräch zu kommen,“ sagt Wollmann. Bestehende Mitarbeiter hätten außerdem rückgemeldet, nur sehr wenig Energie in ihr eigenes Schreiben investiert zu haben.
Etwa mit Vorlagen aus dem Internet oder einer fertigen Version, bei der nur der Name des potenziellen Arbeitgebers getauscht wurde. Auch bei Maly & Partner hat man sich davon entfernt, sofern keine mehrstufige Management-Evaluierung vorliegt.
Der Star des Bewerbungsverfahrens bleibt der Lebenslauf. Und auf den gehört, laut Maly, im deutschen Sprachraum (immer noch) ein Foto. Eine der Anforderungen, die Arbeitgeber beim Bewerbungsprozess noch gerne stellen.
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