Vom Signa-Klobesen bis zum Weingut: Das Geschäft mit dem Versteigern

KURIER: Vom Signa-Inventar bis zum Weingut, von Landmaschinen bis E-Bikes und E-Autos. Wie haben Sie als Auktionshaus diese Marktpräsenz hingekriegt?
Jürgen Blematl: Wir waren ursprünglich ein Präsenz-Auktionshaus, sind gewachsen und haben erkannt, dass wir das in die Onlinewelt bringen müssen. Wir haben ein echtes Auktionserlebnis kreiert, bei dem jeder die Möglichkeit hat, nachzubessern und live mitzusteigern. Das hat eBay nicht und das macht unseren Erfolg.
Welche Produkte gehen besonders gut?
Alle. Wir sagen immer, wir haben die Auktion demokratisiert und sie für alle zugänglich gemacht. Und für fast jedes Produkt gibt es auch einen Käufer.
Sie entscheiden über den Ausrufungspreis. Herrscht da immer Einigkeit mit dem Verkäufer?
Im Prinzip könnten wir alles um einen Euro ausrufen, weil es am Ende der Markt regelt. Aber das wollen die Kunden oft nicht. Das Schlechteste aber ist, ein Exponat zu hoch auszurufen, weil dann keine Dynamik entsteht, keine Stimmung. Wir sind da also in reger Diskussion.
Prominente Verkäufe, wie René Benkos Uhrensammlung oder der Rolls-Royce von Ernst Fuchs sorgen für besonders viel Aufsehen.
Ja, das sind die Auktionen, die man kennt. Nachlässe, wie die von Elfriede Ott oder Maximilian Schell oder Waren von Benko, Signa oder Leiner. Es ist ein Teil unseres Geschäfts, aber im Grunde nichts anderes als alle anderen Versteigerungen auch.
Müssen Sie noch akquirieren oder kommen die Waren automatisch zu Ihnen?
Der Großteil kommt via passiver Anfrage. Es kommt mehr als wir machen können. Und auch die Bieter kommen automatisch, wir haben rund 200 Neuregistrierungen pro Tag und mittlerweile 280.000 Bieter. Da bilden wir die gesamte Gesellschaft ab, alle Käuferschichten.
Klobesen oder die angebrochenen Schnapsflaschen einer Bar: Kann man eigentlich alles versteigern?
Im Grunde schon, weil sich die Auktion ja von selbst regelt. Irgendjemand freut sich immer.
Bleibt manchmal auch etwas übrig, wofür niemand bietet?
Selten. Das ist dann etwas, das man nur noch entsorgen kann. Das braucht dann wirklich niemand mehr.
Das Geschäftsmodell ist: Verwaltung, Anbieten, Verkauf abwickeln. Dafür bekommen Sie zumindest 18 Prozent Auktionsgebühr vom Versteigerungswert. Klingt nach einem sehr guten Geschäft.
Klar, sonst würden wir nicht so wachsen. Es ist so kalkuliert, dass es funktioniert. Die Gebühren sind aber im normalen Marktspektrum.

Jürgen Blematl ist technischer Direktor bei Aurena
Woher weiß der Kunde, dass hier nichts manipuliert ist, also etwa ein Algorithmus die Preise treibt?
Die Auktion funktioniert nach dem einfachen Angebot-Nachfrage-Prinzip. Wir stellen technisch sicher, dass bei uns nur echte Bieter mitbieten. Ein wesentlicher Faktor ist das Vertrauen, das haben wir uns gut aufgebaut.
Warum zeigen Sie eigentlich nicht, zu welchen Preisen die Auktionen letztlich geschlossen haben?
Wir würden die Letztpreise gerne zeigen, aber die Auftraggeber wollen das meist nicht. Wir sind nur das Auktionshaus, die Verkäufer bzw. die Masseverwalter entscheiden gegen die Kundmachung.
Welche Verantwortung tragen Sie für die Qualität der Ware? Etwa, wenn Weine schlecht sind oder wenn in Flaschen aus einer Bar nichts mehr drin ist?
Die Ware wird versteigert, wie sie ist. Dinge, die nicht vorhersehbar sind, können wir leider auch nicht garantieren. Die Versteigerung schließt prinzipiell den Rücktritt vom Kauf aus, es gibt aber die Möglichkeit der vorherigen Besichtigung. Generell muss man wissen, was Aurena ist: es sind gebrauchte Dinge, nicht klassischer E-Commerce mit Umtauschrecht. Wer damit nicht kann, ist bei uns nicht richtig.
- Aurena wurde 2012 als Präsenz-Auktionhaus gegründet. 2018 ging man online – ein Jahr später war man Marktführer
- 2019 versteigerte Aurena 140.000 Positionen, 2024 600.000
- Alle 3 Sekunden geht ein Gebot ein, jede Minute wird ein Exponat versteigert
- Firmensitz: Niklasdorf, 150 Mitarbeiter, Umsatz 2024: über 100 Mio. Euro
- Jürgen Blematl ist technischer Direktor bei Aurena. Er kam 2013, als externer Berater dazu, kümmerte sich um Markenentwicklung und die IT – und blieb
Sind Krisenzeiten gut fürs Geschäft und stimmt die Rechnung: je mehr Firmen Pleite gehen, desto mehr können Sie versteigern?
Unser Vorteil ist, dass das Geschäftsmodell immer stabil ist. In guten Zeiten wird viel erneuert, werden Fuhrparks neu angeschafft oder Lager geleert, man braucht Platz für Neues. In schlechten Zeiten gibt es mehr Insolvenz-Versteigerungen. Der Unterschied: Wir werden durch die Insolvenzen mehr wahrgenommen.
Wird bezahlte Ware auch nicht abgeholt?
Das gibt es durchaus. In den meisten Fällen braucht das dann jemand anders und wir verschenken es.
Oft gibt es das Problem der Abholung – ist mehr Lieferservice angedacht?
Nein. Das wäre logistisch unmöglich. Die Abholung braucht es auch, damit ein Geschäft oder Lager an einem bestimmten Tag leer wird.
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