IWF: Gutes Zeugnis für Österreich
Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat in seinem jährlichen Länderbericht Österreich ein insgesamt gutes Zeugnis ausgestellt. Österreich bleibe weiter eine Region "relativer Stärke" in Europa, aber die Wirtschaft werde vom regionalen Abschwung in Europa beeinflusst. Im Steuerrecht wird die hohe Belastung der Arbeitseinkommen kritisiert. Der IWF empfiehlt Österreich eine "defizit-neutrale" Lohnsteuerreform mit einer Entlastung insbesondere für geringere Einkommen.
" Österreich hat eine ziemlich hohe Steuerbelastung und besteuert Arbeit besonders stark. Der Anteil des Faktors Arbeit am gesamten Steueraufkommen ist in Österreich am höchsten in der ganzen Eurozone", so der IWF.
Die Anreize, eine Arbeit aufzunehmen und Jobs für gering qualifizierte Arbeiter zu schaffen, sollten gestärkt werden, indem gezielt die Steuerlast verringert wird und die Sozialversicherungsbeträge gesenkt werden. Überhaupt sollten die Steuersätze gesenkt werden, insbesondere für die unterste Einkommensgruppe.
Teure Familienbeihilfe
Die Reformen sollten auch eine Vereinfachung und Erneuerung des komplizierten und relativ teuren Familienbeihilfensystems bringen, um Anreize für stärkere Beschäftigung von Frauen zu schaffen. Das derzeitige System stütze sich sehr auf Geldleistungen, die weder an den Beschäftigungsstatus der Eltern geknüpft seien noch mit einer Einkommensüberprüfung verbunden. Eine Neuverteilung von Geldtransfers zur Schaffung hochqualitativer und leistbarer Kinderbetreuungseinrichtungen und Betreuungsmöglichkeiten von Schülern nach der Schule würde mehr Frauen die Möglichkeit geben, nicht nur Teilzeit sondern auch länger zu arbeiten, schreibt der IWF.
Weiters sollten für finanzielle Beihilfen im Familienbereich auch Einkommensüberprüfungen erwogen werden. Um den Anreiz zur Aufnahme von Arbeit zu erhöhen könnten auch manche finanzielle Leistungen davon abhängig gemacht werden, dass beide Eltern arbeiten, heißt es in der IWF-Empfehlung.
Diese Reformen sollten insgesamt "defizit-neutral" gestaltet werden, also das Budgetdefizit nicht erhöhen. Dazu sollten auch Einsparungen bei den Staatsausgaben beitragen, wünscht sich der IWF.
Langsame Erholung
Die Wirtschaftslage werde derzeit von der Krise in Europa beeinflusst. Sowohl die heimische als auch die ausländische Nachfrage sei schwach. Trotz eines relativ starken Beschäftigungswachstums 2012 verschlechtere sich die Lage am Arbeitsmarkt. In Folge sei die Arbeitslosigkeit zwar schrittweise im Steigen, bleibe aber immer noch auf niedrigem Niveau.
Im Ausblick sieht der IWF eine langsame Erholung im restlichen Jahr 2013 sowie 2014, gestützt auf ein mäßiges Aufleben der externen Nachfrage, eine Erholung der Investitionstätigkeit und des privaten Konsums infolge eines langsamen Wachstums der Realeinkommen.
Der IWF-Länderbericht zu Österreich wurde bereits im Juli in der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) in Wien in Grundzügen präsentiert. Nun wurde der Endbericht vom IWF in Washington veröffentlicht.
Der IWF fordert von der EU mehr Tempo bei der geplanten Bankenunion. IWF-Chefin Christine Lagarde sagte am Dienstag, die entsprechenden Vorschläge müssten schnell umgesetzt werden. "Wir denken bei der Eurozone an ein wunderschönes Schiff, das nur für ruhige See gebaut wurde, aber noch nicht für raue Gewässer gerüstet wurde", sagte Lagarde. In Bezug auf die Bankenunion sei schon viel geschehen. "Heute habe ich die Botschaft, dass dieser spezielle Teil des Schiffes vollendet werden muss und dass dabei Geschwindigkeit essenziell ist."
Am Donnerstag soll das Europaparlament über die Bankenunion entscheiden, nachdem die Abstimmung am Montag verschoben wurde. Parlamentspräsident Martin Schulz will nun mit Abgeordneten und dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi sprechen, um eine Lösung zu finden. Parlament und EZB konnten sich bisher nicht auf eine gemeinsame Linie einigen.
Strittig ist vor allem, wie detailliert die EZB den Parlamentariern Auskunft über die Aufsicht der Banken geben muss. Sollte bis Donnerstag keine Einigung erzielt werden, geriete der gesamte Zeitplan zur Einführung der Bankenunion ins Wanken.
Kommentare