Italien: Monti ringt um neue Regierung
Von einem "Albtraum, der noch gar nicht richtig zu Ende scheint" spricht derPublizist Peter Gomez. Dass die Ära Berlusconi, die 17 Jahre andauerte, vorbei ist, können viele noch nicht glauben. Entschlossen macht sich jetzt der designierte Premier Mario Monti an die Herkulesaufgabe,
Italien aus seiner tiefen Krise zu steuern. Pünktlich startet der ehemalige EU-Kommissar am Dienstag zu einer weiteren Konsultationsrunde mit den beiden größten Einzelparteien, der Berlusconi Partei "Volk der Freiheit" (PdL) und der Demokratischen Partei (PD), der stärksten Oppositionskraft im Parlament. Bis spätestens Freitag soll laut Abgeordnetenkammerpräsident Fini in beiden Häuser des Parlaments über die neue Regierung abgestimmt werden.
In einem ähnlich rasanten Tempo hat in Italien bisher noch kein Regierungswechsel stattgefunden. Der Freudentaumel nach Berlusconis - von EU und Staatspräsident Napolitano forcierten - Rücktritt, dauerte jedoch nur kurz. Nun macht sich angesichts der rigorosen Sparmaßnahmen Ernüchterung breit.
Wirtschaftsprofessor Monti, der den Ruf eines Liberalen hat, sprach in einer ersten Stellungnahme bereits von der Herausforderung, Wirtschaftswachstum mit sozialer Gerechtigkeit zu vereinbaren. Dem Land stehen auf alle Fälle harte Zeiten bevor: Kürzungen im öffentlichen Dienst und bei Dienstleistungen, Steuererhöhungen, gelockerter Kündigungsschutz, mehr Wettbewerb und vor allem die Anhebung des Pensionsalters bereiten der Bevölkerung Bauchweh. Ab sofort sollen Vermögenssteuern auf Immobilien und auf Vermögenswerte eingeführt werden. "Bis 67 Jahre zu arbeiten, sind keine schöne Aussichten", klagt eine elegant gekleidete Signora an der Bar und nippt am Espresso.
Alte Probleme
Den Jubel der vergangenen Tage, als ob Italien von einem Diktator befreit worden sei, beobachtet La Stampa kritisch: Man dürfe nämlich nicht vergessen, dass Berlusconi bis vor Kurzem auf breite Unterstützung zählen konnte. "Er hat zwar viele überfällige Reformen nicht durchgeführt, zahlreiche Probleme sind aber schon lange vor ihm da gewesen", analysiert die Turiner Tageszeitung.
In Rom hat inzwischen das "totoministri", das Rätselraten über mögliche Minister eingesetzt. Im Gespräch ist Ex-Premier
Giuliano Amato als Außenminister. Das Wirtschaftsministerium könnte Guido Tabellini, ein enger Mitarbeiter Montis und Rektor der Mailänder Elite-Universität Bocconi übernehmen. Industrieministerin könnte Anna Maria Tarantola, Vize-Generaldirektorin der Notenbank, werden.
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