Italien: Chaos um Pensionsreform

Premier
Silvio Berlusconi gerät zunehmend unter Druck. Sein stärkster Koalitionspartner, die rechtspopulistische Lega Nord, wehrte sich bis zuletzt gegen eine Anhebung des Pensionsalters von 65 auf 67 Jahre. Aufgrund des heftigen Pensionsstreits hat Berlusconi gestern im Gespräch mit Staatspräsident Giorgio Napolitano zum ersten Mal seinen Rücktritt nicht mehr ausgeschlossen. Bei einer Koalitionssitzung am Montag gab es vorerst keine Einigung, erst am Dienstagabend lenkte die Lega Nord angesichts des bevorstehenden
EU-Gipfels in Brüssel doch noch ein. Lega-Chef Umberto Bossi äußerte aber zugleich Bedenken, ob die Koalition noch lange überleben werde. Berlusconi dürfte heute, Mittwoch, beim
EU-Gipfel wie geplant ein Konjunkturpaket zur Pensionsreform vorlegen.
Bei den Pensionszahlungen gibt es starke Unterschiede zwischen Nord- und Süditalien. 65 Prozent aller Altersrenten entfallen auf den wirtschaftsstarken Norden. Bei Invalidenrenten und sozialer Unterstützung stehen süditalienische Regionen an der Spitze der Statistik.
Unter Brüssels Druck ist Berlusconi jedoch zu einer Pensionsreform gezwungen. Der Rotstift des Sparpakets in der Höhe von 54 Milliarden Euro machte bisher vor Rentenkürzungen halt.
Schlechter Ruf
In Rom wurden am Dienstag weitere Reformen diskutiert: Dazu zählen eine Arbeitsmarktreform, die Liberalisierung des Kammerwesens, die Privatisierung lokaler öffentlicher Einrichtungen sowie des Bahnverkehrs. Italiens Ansehen hat nicht zuletzt durch Berlusconi einen Tiefpunkt erreicht. Wie wenig ihm echte Sanierungsmaßnahmen zugetraut werden, zeigte sich zuletzt in Brüssel. Auf die Frage, ob Italien seine Schulden in den Griff bekommen werde, reagierten Kanzlerin Angela Merkel und Präsident Nicolas Sarkozy mit einem ironischen Lächeln. Sollte das Konjunkturpaket diesmal wieder nicht den Erwartungen entsprechen, drohen Italien ernste Konsequenzen.
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