Ein Jahr ESM: "Sind ein Krisenmechanismus"

Er ist Europas Währungsfeuerwehrmann: Der Deutsche Klaus Regling ist Chef des Europäischen Stabilitätsmechanismus. Zum ersten Geburtstag des ESM erklärt er, was geschafft wurde - und was noch kommt.
Herr Regling, vor einem Jahr wurde der Europäische Stabilitätsmechanismus ESM gegründet. Wie ist Ihre erste Bilanz?
Regling: Es ist uns gelungen, den ESM jetzt voll aufzubauen. Das wurde jetzt demonstriert durch die erste Anleihe, die vom ESM emittiert wurde. Und das mit einem sehr großen Erfolg: Eine Fünf-Jahres-Anleihe im Volumen von 7 Mrd. Euro haben wir platzieren können und diese Anleihe war dreifach überzeichnet. Damit ist der ESM bei den internationalen Investoren endgültig angekommen. Und genau das war unser Ziel. Denn wenn wir nicht Geld am Markt mobilisieren können, können wir auch keine Kredite vergeben an Euro-Staaten wie Portugal, Irland, Griechenland, Spanien oder Zypern, die vorübergehend in einer Krise stecken. Es ist Zufall, dass das am ersten Geburtstag passierte. Aber es ist eine schöne Art, diesen Geburtstag zu feiern.
Frage: Was wurde denn erreicht?
Die Arbeit läuft seit 2010, zuerst mit dem befristeten Rettungsfonds EFSF, vor einem Jahr kam der permanente ESM hinzu. Unsere Aufgabe ist es, die Finanzstabilität im Euroraum zu erhalten. Wo notwendig, vergeben wir dafür Kredite - gegen Konditionalität. Es gibt keine Kredite ohne strenge wirtschaftliche Auflagen. Das hat sich bewährt und das funktioniert auch. Die Länder haben ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert, ihre Leistungsbilanzdefizite reduziert und ihre Exportquote verbessert. Damit ist das Ziel zwar noch lange nicht erreicht, diese Länder wieder wettbewerbsfähig zu machen. Aber ein großer Teil der Anpassung ist schon erfolgt. Eines können wir heute sagen: Wenn es den ESM, und seinen Vorgänger ESFM, nicht geben würde, wären Länder wie Portugal und Irland heute wohl nicht mehr in der Währungsunion. Das sehe ich als unseren größten Erfolg: Es ist gelungen, die Währungsunion zusammen zu halten.
Als der ESM vor einem Jahr seine Arbeit begann, sprach noch niemand von einer Zypernkrise. Wie können Sie sicher sein, dass nicht noch andere finanzpolitische Zeitbomben in europäischen Kellern liegen?
Wir sind ein Krisenmechanismus. Deshalb springen wir genau dann ein, wenn etwas Unerwartetes passiert. Wir werden in normalen ruhigen Zeiten keine Kredite vergeben, wir sind für Notfälle da. Wir sollten nicht vergessen, dass wir zurzeit die schwerste Wirtschaftskrise in Europa seit 80 Jahren durchlaufen. Das ist eine Kombination von hausgemachten nationalen Problemen, vor allem in Südeuropa, und der weltweiten Finanzkrise. Es ist wichtig, dass wir diese Krise meistern und den Bestand der Währungsunion nicht gefährden. Und deshalb müssen wir nun auch Dinge machen, die noch vor ein paar Jahren kaum vorstellbar waren. Das betrifft die Volumina der Kredite, die natürlich zurückgezahlt werden müssen. Und das betrifft die Haushaltskonsolidierungen und Anpassungen in den Empfängerländern. Wir sind auf einem guten Wege aus der Krise, aber wir haben sie noch nicht ganz hinter uns.
Kommt das Vertrauen der Märkte denn zurück? Hier in New York war Europa schon abgeschrieben.
Ja. Vor einem Jahr hat die Mehrheit der Marktteilnehmer hier in New York noch gedacht, den Euro wird es in fünf Jahren nicht mehr geben. Das hört man jetzt gar nicht mehr. Vielmehr sehen wir, dass die Investoren wieder großes Vertrauen in den Euroraum haben. Das zeigt sich auch an den Zinsen. Länder wie Irland oder Spanien zahlen heute nur noch halb so viel wie vor eineinhalb Jahren. Irland und Portugal haben im Frühjahr sogar wieder Zehn-Jahres-Anleihen begeben, was noch einige Zeit zuvor völlig illusorisch schien. Die Märkte honorieren die Fortschritte, die Anpassungen in den Ländern. Außerdem beruhigt sie es, zu wissen, dass ESM im Notfall bereitsteht. Und Sie sehen die ersten Schritte zu einer Bankenunion. Und das werten sie alles sehr positiv.
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