SERVICE: Wenn andere meinen Grund mitbenützen

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Viele Grundstücke sind mit Wegerechten belastet: Wer eine Liegenschaft kauft, sollte herausfinden, ob Nutzungsrechte vorliegt.

Bevor der Vertrag über den Kauf eines Grundstücks unterzeichnet wird, sollte man sich informieren, ob die Liegenschaft belastet ist. Es könnten Servitutswege oder andere Dienstbarkeiten zugunsten von Anrainern vorhanden sein – die zu Problemen führen können, wenn zum Beispiel dort, wo ein Weg verläuft, ein Haus oder eine Zaun errichtet wird.

Was sind Dienstbarkeiten?

Der Eigentümer wird verpflichtet, etwas zugunsten eines Dritten zu dulden oder zu unterlassen. Eine Dienstbarkeit liegt zum Beispiel darin, dass der Eigentümer das Gehen oder Fahren über sein Grundstück dulden muss. Demjenigen, der zur Dienstbarkeit berechtigt ist, steht das Recht zu, eine fremde Sache zu nutzen.

Welche Servitute gibt es?

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Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Grund- und Personaldienstbarkeiten. Erstere umfasst das Recht, fremde Grundstücke zu überqueren, darüber Vieh zu treiben, mit Fuhrwerken zu fahren, Wasserleitungensrechte, das Recht, Wasser aus einer auf fremden Grund gelegenen Quelle zu beziehen und vieles mehr. Aber auch die Rechte, ein Dach oder einen Erker in den Luftraum des Nachbarn zu bauen, den Rauch durch den Schornstein des Nachbarn zu führen oder die Dachtraufe (Tropfkante) auf fremden Grund zu leiten. „Oder der Besitzer des dienenden Grundstückes wird verpflichtet, etwas zu unterlassen, was ihm sonst freigestanden wäre, zu tun“, sagt die Rechtsanwältin Nicole Neugebauer-Herl von der Kanzlei 1080 Wien, und nennt einige Beispiele: Etwa das Haus nicht höher oder nicht niedriger zu bauen, dem Gebäude Licht und Luft oder die Aussicht nicht zu nehmen oder das sogenannte „Cottage-Servitut“, bei dem sich die Parteien wechselseitig dazu verpflichten, bestimmte Baumaßnahmen auf ihrem Grundstück zu unterlassen.

Rechte

Personaldienstbarkeiten verschaffen einer bestimmten Person ein Recht, etwa das Fruchtgenussrecht oder das Wohnungsgebrauchsrecht. „Diese gehen nicht auf Erben und Rechtsnachfolger über, sondern enden spätestens mit dem Tod des Berechtigten“, sagt Notar Markus Kaspar. So können etwa Nachbarn vereinbaren, dass sie sich gegenseitig nicht den Blick auf den See verbauen.

Wie entstehen Dienstbarkeiten?

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Dienstbarkeiten werden vertraglich vereinbart, können aber auch durch eine letztwillige Verfügung in Form eines Testaments angeordnet werden. Zum Beispiel: ich vermache die Wohnung meiner Tochter und gebe gleichzeitig meiner Ehegattin ein lebenslanges Wohnungsgebrauchsrecht – die Tochter wird dann Eigentümerin, die Lebensgefährtin darf aber in der Wohnung wohnen“, führt Markus Kaspar aus. Dienstbarkeiten entstehen grundsätzlich erst mit Eintragung im Grundbuch, sie können aber auch durch Ersitzung erworben werden, wenn beispielsweise Nachbargrundstücke seit Generationen im guten Glauben mitbenützt werden. „Deshalb gibt es auch Rechte, die nicht im Grundbuch vermerkt sind, wie ein Wegerecht, das seit Jahrzehnten ausgeübt wird, nie verbüchert, aber eventuell ersessen wurde“, so Kaspar. Nach 30 Jahren Nutzung wird etwa das Recht auf die Nutzung eines Trampelpfads durch eine fremde Liegenschaft ersessen.

Worauf sollen Käufer achten?

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„Zunächst sollte man ins Grundbuch Einsicht nehmen und herausfinden, ob im Lastenblatt Dienstbarkeiten vorhanden sind“, empfiehlt Neugebauer-Herl. Wenn Grunddienstbarkeiten aufscheinen, solle man die zugrunde liegende Vereinbarung aus der Urkundensammlung des Grundbuchs ausheben, damit man den Umfang der Dienstbarkeit kennt. Auch die Einsichtnahme in den Grundstückskataster ist empfehlenswert. Neugebauer-Herl: „Sind persönliche Dienstbarkeiten vorhanden und sie werden beim Kauf übernommen, dann wird dies bei der Kaufpreisfindung zu berücksichtigen sein.“

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Grundstücksdeal des Bürgermeisters in Pyhra erhitzt die Gemüter                          (Symbolbild)

Grundstück besichtigen

Außerdem sollten Käufer das Grundstück eingehend besichtigen. Ist am Rand des Grundstücks ein Trampelpfad ersichtlich, dann liegt wahrscheinlich ein Wegerecht eines Anrainers vor – das durch den Blick ins Grundbuch nicht entdeckt worden wäre, da diese häufig ersessen werden. Beim Bau eines Einfamilienhauses muss darauf geachtet werden, dass der Weg nicht verbaut wird.

 

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Können Servitute erlöschen?

Dienstbarkeiten können durch Verzicht der Berechtigten oder bei persönlichen Dienstbarkeiten auch durch Ableben erlöschen „Durch bloßen Nichtgebrauch können Rechte nach dreißig oder in manchen Fällen erst nach vierzig Jahren erlöschen“, betont Markus Kaspar: „Das ist auch dann möglich, wenn sich der verpflichtete Teil der Ausübung widersetzt und der Berechtigte – während drei aufeinanderfolgenden Jahren – sein Recht nicht geltend macht.“

 

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Wofür haftet der Verkäufer?

Üblicherweise wird im Zuge eines Liegenschaftskaufs die Lastenfreiheit sowohl von bücherlichen als auch außerbücherlichen Lasten vereinbart. Ist eine Belastung im Grundbuch vermerkt oder ein Trampelpfad mit freiem Auge sichtbar, haftet der Verkäufer der Liegenschaft nicht. „Stellt sich jedoch im Nachhinein heraus, dass der Verkäufer arglistig eine Dienstbarkeit verschwiegen hat, stellt sich die Frage, ob der Käufer das Grundstück in Kenntnis der Dienstbarkeit überhaupt erworben hätte – und wenn, dann nur zu einem geringeren Kaufpreis“, so Neugebauer-Herl. „Je nachdem wäre dann der Vertrag rückabzuwickeln oder anzupassen.“

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