Utopie? Die virtuelle Hausverwaltung

Utopie? Die virtuelle Hausverwaltung
Welche Vorteile und auch Probleme die Kommunikation über eine App mit sich bringt.

Dass man den Kehr-Termin des Rauchfangkehrers verpasst, nur, weil der Aushang am schwarzen Brett mal wieder verschwunden ist, ist ein Witz. Allerdings einer, über den Betroffene nicht wirklich lachen können. Das sehen auch die Hausverwaltungen so. Immer mehr setzen deshalb auf neue Technologien, um ihre Bewohner ständig und vor allem verlässlich auf dem Laufenden zu halten.

Eine davon ist etwa die Buwog, die im ersten Quartal diesen Jahres ihren Kunden eine Mieter-App – eine Art digitales schwarzes Brett für das Smartphone oder Tablet – zur Verfügung stellt. Mieter können diese kostenlos herunterladen und haben nach einer erfolgreichen Registrierung mit der persönlichen Mieter-ID die Möglichkeit, sich online über aktuelle Geschehnisse im Haus zu informieren, Formulare herunterzuladen, Fragen zur Betriebskostenabrechnungen zu stellen und Schadensmeldungen abzusetzen.

„Die App gibt unseren Mietern und Eigentümern eine einfache und schnelle Möglichkeit, um mit uns in Kontakt zu treten – und das unabhängig von den Bürozeiten“, sagt Herwig Teufelsdorfer, Vorstandsmitglied bei der Buwog. „Gerade, wenn etwas kaputt geht, ist das sicher von Vorteil.“ Das sieht auch Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin des Immobilienmanagements von EHL, die eine solches Online-Tool in rund 50 der verwalteten Häusern anbietet, so. „Ist in einem Objekt zum Beispiel das Garagentor defekt, kann die Meldung sofort und transparent von allen Nutzern mitverfolgt werden. Gleichzeitig bekommen wir nicht zwanzig Anrufe wegen desselben Problems. Es profitieren also alle davon.“

Ein Gewinn für beide Seiten ist auch die Funktion der Dienstleistungsbewertung, die bei den meisten dieser Apps zu den Standardfunktionen gehört. Die Buwog lässt ihre Mieter und Eigentümer etwa Sterne verteilen. Bis zu fünf können pro Dienstleistung vergeben werden. In einem zusätzlichen Kommentarfeld können dann eventuelle Beschwerden auch noch konkretisiert werden. „Wenn unsere Bewohner beispielsweise mit den Reparaturmaßnahmen selbst zufrieden waren, der Ausführende aber unfreundlich war, können sie uns das mit einem Kommentar mitteilen. Das gibt uns die Möglichkeit, unsere Dienstleister direkt darauf anzusprechen“, sagt Teufelsdorfer. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sich so etwas sehr stark auf die Mieterzufriedenheit auswirkt.“Die Zufriedenheit der Bewohner erhöhen – das ist auch das Ziel von Tobias Leodolter, Geschäftsführer der puck immobilien app service GmbH, die solche Online-Tools für Hausverwaltungen entwickelt. Ihr neuestes Produkt soll nicht nur eine rasche Kommunikation zwischen Hausverwaltung sowie Mietern und Eigentümern ermöglichen, sondern vor allem die Bewohner untereinander vernetzen. „Unser Ziel ist es, die Anonymität der Großstadt aufzubrechen und Menschen in ihrem Grätzel miteinander zu verbinden“, sagt Leodolter. Konkret heißt das, dass die Nutzer der App neben den bereits angesprochenen Annehmlichkeiten auch Zugriff auf die Puck-Box – ein digitaler Marktplatz – haben, in der hausinterne Angeboten angezeigt und abgerufen werden können. „Gerade in den Bereichen, für die es eine gewisse Vertrauensbasis braucht – etwa Babysitten oder Nachhilfestunden – ist es angenehmer, jemanden in die vier Wände zu lassen, der im selben Haus wohnt und den ich jeden Tag im Stiegenhaus treffe“, sagt Leodolter.

In Zukunft soll die App durch verschiedene Funktionen erweitert werden. So feilt man etwa gerade an einer mobilen Gegensprechanlage, die über das Smartphone beantwortet werden kann. Klingeln dann zum Beispiel die Kinder an der Haustür, weil sie den Schlüssel vergessen haben und ist man selbst nicht Zuhause, kann man ihnen mittels App mitteilen, was sie tun sollen. Kosten für Mieter und Eigentümer soll sie trotz der umfangreichen Funktionen keine verursachen. „Wir wollen mit unserer Lösung einen wegweisenden Trend setzen und zeigen, wie man im Immobilienbereich die Digitalisierung gewinnbringend einsetzen kann“, erklärt Leodolter.

Dass die neuen Technologien vor der Immobilienwirtschaft nicht halt machen, ist auch Anton Holzapfel, Geschäftsführer der Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft (ÖVI), bewusst. Trotzdem macht er auf mögliche Probleme aufmerksam. „Es muss auch auf jene Bewohner Rücksicht genommen werden, die diese Apps aus verschiedenen Gründen nicht nutzen. Die Hausverwaltungen bekommen dadurch einen zusätzlichen Kommunikationskanal, der bedient werden muss. Das bedeutet auch Aufwand und Kosten.“

Bei der Buwog macht man sich darüber jedoch keine Sorgen. Bereits vergangenes Jahr hat das Unternehmen die App in Deutschland eingeführt. Und die Zahlen sprechen für sich. „In neuen Objekten laden rund 80 Prozent unserer Mieter die App herunter. In Österreich erwarten wir eine ähnlich gute Abdeckung“, sagt Teufelsdorfer. „Aber natürlich werden wir auch weiterhin Briefe verschicken und Anfragen am Telefon entgegennehmen.“

Für Sandra Bauernfeind von EHL überwiegen ebenfalls die Vorteile einer solchen App. Trotzdem glaubt sie nicht, dass die Hausverwaltungen in Zukunft ausschließlich online kommunizieren werden. „Wir können auch künftig nicht davon ausgehen, dass wir alle Bewohner auf diesen Weg erreichen. Wichtige Informationen müssen deshalb auch auf analogem Weg zugänglich bleiben.“ Dass das schwarze Brett nicht verschwinden wird, dafür sorgt außerdem das Wohnungseigentumsgesetz. Dieses schreibt vor, dass Kundmachung wichtiger Informationen wie etwa der Betriebskostenabrechnung auch weiterhin im Stiegenhaus zu erfolgen haben.

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