Immobilienversteigerung: Zum Ersten, zum Zweiten – verkauft

Immobilienversteigerung: Zum Ersten, zum Zweiten – verkauft
Wie es zu einer Zwangsversteigerung kommt und was die Regeln für freiwillige Immobilien-Auktionen sind.

Am Bezirksgericht Leopoldstadt herrscht reges Treiben. Rund 40 Personen warten darauf, dass sich die Tür zu Saal A endlich öffnet. „Vielleicht bekomme ich die Wohnung für einen guten Preis“, sagt ein Mann um die 30 zu seiner Freundin. Ein paar Meter weiter sitzt ein älteres Ehepaar. Nur 25 Minuten später werden sie 195.000 Euro ausgegeben haben und damit die neuen Eigentümer einer zwangsversteigerten Wohnung sein. Eine Lautsprecherdurchsage bringt Bewegung in die unruhige Menge: „Zur Zwangsversteigerung eintreten.“

Voraussetzungen für Immobilienversteigerungen

Wie es zu einer gerichtlich angeordneten Immobilienversteigerung kommt, weiß Rechtsexpertin Nicole Neugebauer-Herl: „Hat ein Gläubiger gegen seinen Schuldner eine vollstreckbare Geldforderung und ist der Schuldner laut Grundbuch Eigentümer einer Immobilie, kann der Gläubiger eine Zwangsversteigerung fordern.“

Gerichtliche Genehmigung

Dafür muss zunächst eine Genehmigung beim Exekutionsgericht beantragt werden. Liegt diese vor, werden alle Personen, die dingliche Rechte an der Liegenschaft haben, oder zu deren Gunsten Bestand-, Verkaufs-, oder Vorkaufsrechte bestehen, verständigt. „Danach wird das Versteigerungsverfahren ins Grundbuch eingetragen“, weiß Neugebauer-Herl.

Dadurch werde sichergestellt, dass die Schulden beim Gläubiger zuerst beglichen werden – auch wenn weitere Forderungen von anderen Gläubigern gestellt werden. Im Anschluss wird die Immobilie geschätzt, ein Gutachten erstellt und der Versteigerungstermin festgelegt.

Die Versteigerung

Im Gerichtssaal hat sich mittlerweile eine Schlange vor dem Richterpult gebildet. „Bieter müssen sich registrieren und ausweisen“, sagt die Richterin. Am anderen Ende des Saals sind rund 40 Stühle aufgestellt – sie füllen sich bis auf einzelne Plätze. „Wer ein Gebot abgeben will, muss dies deutlich tun, sodass ich Sie verstehe“, so die Richterin. Zudem soll die Nummer genannt werden, die bei der Registrierung vergeben wurde.

Allgemeine Regeln und Daten

Die Richterin liest nun Eckdaten der Immobilie vor und erklärt die allgemeinen Regeln der Versteigerung. Sie thematisiert auch das sogenannte Vadium. „Der Höchstbieter bekommt den Zuschlag und muss dann sofort zehn Prozent des Schätzwerts der Liegenschaft in Form eines Sparbuchs hinterlegen“, sagt sie.

Für die Eigentumswohnung in Wien-Leopoldstadt beträgt der geschätzte Wert 200.000 Euro und das Vadium somit 20.000 Euro. „Kann der Betrag nicht vorgelegt werden, ist das Gebot ungültig und das Bieterverfahren geht weiter“, mahnt die Richterin. Das Mindestgebot sei – wie immer bei Zwangsversteigerungen – die Hälfte des Schätzwertes.

Nun erklärt sie die Versteigerung für eröffnet. Rund fünf der 14 registrierten Personen bieten mit. Zunächst in Zehner – dann in Fünferschritten. Das ältere Ehepaar bekommt nach nicht einmal 30 Minuten den Zuschlag. „195.000 Euro – bietet jemand mehr?“, die Richterin wiederholt die Frage zwei weitere Male. Auf den berühmten Satz „Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten – verkauft“ verzichtet sie. Gültig ist der Kauf trotzdem.

Immobilienversteigerung: Zum Ersten, zum Zweiten – verkauft

Auktionen sind freiwillig

Das Bieterverfahren ist der einzige Punkt, in dem sich eine Zwangsversteigerung und eine Immobilien-Auktion gleichen. „Der größte Unterschied ist, dass Auktionen freiwillig sind und Zwangsversteigerungen nicht“, erklärt Eugen Otto von Otto Immobilien. Er selbst hat bereits zwei Auktionen veranstaltet.

Wann machen Auktionen Sinn?

Sinn machen Auktionen laut Eugen Otto bei Körperschaften öffentlichen Rechts, Erbengemeinschaften oder sonstigen Einrichtungen und Institutionen, die zu einer hohen Transparenz und Publizität verpflichtet sind. „Durch die Auktion kann einfach nachgewiesen werden, dass ein öffentliches Verfahren durchgeführt wurde, um die Immobilien zu verkaufen“, erklärt der Immobilienexperte.

Er nennt ein konkretes Beispiel: Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieure hatte die Verpflichtung, ihre Liegenschaften bestmöglich zu verkaufen. Um das zu gewährleisten, wurde ein öffentliches Verfahren durchgeführt.

Dafür wurde der Auktionstermin inklusive Details zu den Immobilien sechs Monate lang beworben. Für Interessenten standen Dokumente online zur Verfügung und auch Besichtigungen fanden statt. „Das waren die Voraussetzungen dafür, dass die Auktion mit 150 Teilnehmer, darunter auch Kiebitze, erfolgreich war“, ist Otto überzeugt.

Diese Form der Auktion lasse sich auf jede Immobilie umlegen. Dabei müssen allerdings bestimmte Regeln eingehalten werden, die das „Feilbietungsrecht“ vorsieht. Eine davon ist der Mindestpreis. „Dieser wird im Vorhinein festgelegt und kommuniziert. Erst wenn dieser übertroffen wird, gibt es einen Zuschlag“, erklärt Otto.

In Österreich noch nicht verbreitet

Während Auktionen in Ländern wie England und Irland bereits seit 100 Jahren regelmäßig durchgeführt werden, hat sich diese Form des Immobilienkaufs in Österreich noch nicht durchgesetzt. Das hat laut Eugen Otto mehrere Gründe: „Auktionen eigenen sich nur für bestimmte Personengruppen.“ Das könne eine Erbengemeinschaft sein, die einander nicht vertraue, oder Organisationen, die der Öffentlichkeit Rechenschaft schulden. Zudem funktionieren Auktionen nur in bestimmten Preiskategorien. „Diese liegt zwischen zwei und 15 Millionen Euro.“ Zu guter Letzt müssen Verkäufer Geduld haben, denn eine Auktion dauert rund vier – ein normaler Verkauf nur zwei Monate.

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