Die Erweiterung wurde durch einen schwebenden Neubau gelöst, der den Haerdtl-Bau minimal tangiert. Das Geheimnis des „Schwebens“: Beton stützt und trägt die enormen Kräfte durch den ehemaligen Innenhof vertikal ins Erdreich ab. Auskragungen übernimmt der Stahl.
Blickpunkt Fassade
Markant für den Haerdtl-Bau ist seine Stein-Fassade. Der Originalstein zerbröckelte und musste schon in den 1980er-Jahren ausgetauscht werden. Nun wurde sie zur Gänze saniert. Die größten Flächen der Fassade gestaltet jetzt ein Kalkstein aus Kroatien. Der Dolit (White Shell) ist ein reiner Kalkstein mit Muscheleinschlüssen. Von allen in Frage kommenden Steinen weist er bei bester Witterungsresistenz die größte Ähnlichkeit mit dem von Oswald Haerdtl ursprünglich verwendeten Untersberger Kalkstein auf.
Für die Fensterfüllung wird ein grauer Jura-Kalkstein aus Eichstätt in Bayern verwendet. Unter den Fensterparapeten kommt der Wachauer Marmor aus Kottes im Waldviertel zum Einsatz. Damit wurde auf die von Haerdtl ursprünglich verwendete Steinart zurückgegriffen.
Im Zuge des Baus wurde auch auf Nachhaltigkeit geachtet. So wird das Museum nun mittels thermischer Bauteilaktivierung in Kombination mit Geothermie ganzjährig geheizt und gekühlt. Eröffnet wird am 6. Dezember.
Interview mit Roland Winkler
Die Revitalisierung und Erweiterung wurden nach den Plänen der ARGE Certov, Winkler+Ruck Architekten realisiert.
Der KURIER bat Architekt Roland Winkler zum Interview:
KURIER: Wie war die Ausgangslage?
Roland Winkler: Nachdem der Resselpark umgebaut wurde, war das Haus zu klein für die Fläche, es ist an den Ostrand des Karlsplatzes gerutscht, beinahe herausgefallen. Wir haben eine Rückholaktion gestartet, den Bau wieder freigestellt. Zudem musste das Volumen verdoppelt werden.
Wie war die Herangehensweise?
Wir haben eine Art Gespräch mit dem Haerdtl-Gebäude begonnen: Was kannst du? Was kannst du nicht? Was magst du? Was magst du nicht? Wie sind deine Eigenschaften? Wo können wir dir helfen? Herausgekommen ist dabei etwa, dass der Bau nicht tragen kann. Das musste anders gelöst werden. Aber er konnte die Logistik liefern: den Eingang, die Ausstellungsflächen, allgemeine Flächen etc. Wir sind auf all das eingegangen und haben ihn nur erweitert.
Was ist das Ergebnis?
Mit dem zweigeschoßigen Aufbau sind wir jetzt in Augenhöhe mit den anderen Bauten auf dem Platz wie dem Portal der Karlskirche, der Universität, aber auch des Musikvereins. Wir haben eine neue Plaza geschaffen, die die Besucher willkommen heißen soll. Unter der Plaza haben wir Depotflächen geschaffen. Hier steht auch der Pavillon, der die Besucher in das Gebäude hereinholt. Er spannt einen Hof auf, hält den Verkehrslärm ab und bildet eine windgeschützte Zone.
Wo ist der Haerdtl noch zu sehen?
Wir mussten eine Hauttransplantation machen, weil die alte Fassade, die bereits in den 1980er-Jahren erneuert wurde, desolat war. Unter der Fassade fanden wir ein Skelett aus bretterverschaltem Beton, genauso wie unser Neubau jetzt ist, aber Haerdtl verkleidete ihn, weil es die damalige Architektursprache war.
Warum so viel Beton?
Der Haerdtl-Bau besteht aus vielen Materialien. Wir wollten daher nur mit einem einzigen Material arbeiten. Das war Beton. Aber dieser sollte belebt werden. Daher wurde er mit sägerauen Holzbrettern händisch geschalt, was für ein natürliches Aussehen sorgt. Die Maserung des Holzes ist seh- und fühlbar. Die gesamte Fläche musste anschließend mit einer kleinen elektrischen Bürste geputzt werden.
Wer gibt Trends in der Architektur vor? Gibt es Vorbilder?
Wir schauen uns alles an, kritisch, aber auch sehr begeistert. Wir wollen aber nichts kopieren, denn es wird nie besser als das Original. Unsere Strategie ist, dass wir das Augenmerk auf das Lokale, auf den Geist des Ortes, legen. Das Haus muss eine Allgemeingültigkeit haben, um auch zukünftige wechselnde Anforderungen eingehen zu können. Das erfordert Qualität im Material, aber auch bei den Handwerkern. Wir haben bei diesem Projekt das Handwerk herausgefordert.
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