Im Club der besten Verkäufer

Ein Blick auf die Altersstruktur seiner Belegschaft brachte den Personalchef zum Nachdenken: „50 Prozent unserer Mitarbeiter sind älter als 45 Jahre. Das heißt, in 15 Jahren geht die Hälfte in Pension“, erzählt Manfred Monsberger, Personalverantwortlicher bei der Möbelkette Leiner. Damit das traditionsreiche Familien-Unternehmen „die demografische Keule nicht mit voller Wucht trifft“, wurde darauf geschaut, dass mehr Junge nachkommen und die Älteren länger im Beruf bleiben. Wie das geht?
Ganz einfach: Die Zahl der Lehrplätze verdoppeln, das Bewusstsein bei den Mitarbeitern für ein Miteinander der Generationen schärfen, Fleiß und Engagement belohnen und bei Neueinstellungen „nicht auf das Alter schauen, sondern auf die Leistungsbereitschaft“. Dieser Mix aus vermeintlich simplen, aber längst nicht alltäglichen Maßnahmen, brachte Leiner nun das vom Sozialministerium verliehene Nestor-Gold-Gütesiegel ein. Ausgezeichnet als Top-Arbeitgeber mit generationengerechten Arbeitsbedingungen.
Mit 66 Jahren
"Wenn die Firmenkultur stimmt, arbeiten die Mitarbeiter automatisch länger“, ist Monsberger überzeugt. Wie Karl-Heinz Hauke-Diesel, der mit 66 Jahren noch immer gerne als Wohnberater tätig ist: „Ich hatte immer die Möglichkeit, selbstständig zu arbeiten und mich weiterzuentwickeln. Heute gebe ich mein Wissen an die Erfahrung gerne an junge Kollegen weiter.“
Die 63-jährige Anna Haslinger verkauft noch immer gerne Weißware und lobt den „tollen Zusammenhalt unter den Mitarbeitern“. An Samstagen, wenn viel los ist, helfen pensionierte Kollegen aus, wie Frau Blaschke in Langenzersdorf, mit 72 Jahren die wohl älteste Leiner-Mitarbeiterin. Der Personalchef erzählt, er habe erst unlängst einen 58-Jährigen und eine 60-Jährige eingestellt – „warum auch nicht?“ – im Verkauf spiele das Alter keine große Rolle. Die Gehaltsfrage sei durch den hohen variablen Anteil (Provisionen, Anm.) nicht so entscheidend: „Im Club der besten Verkäufer sind bei uns durchwegs ältere Mitarbeiter“, so Monsberger. Kein Wunder, denn auch die Kundschaft wird schließlich immer älter, während die „Ikea-Generation“ schrumpft.
Leiner beschäftigt österreichweit 2700 Mitarbeiter, darunter 240 Lehrlinge. 56 Prozent sind Frauen. Gesucht werden aktuell Schneider/innen; ein Beruf, den viele Jugendliche wohl nur noch von ihrer Oma kennen.
„Irgendwann werden sich die Betriebe um die älteren Arbeitnehmer raufen“, glaubt Monsberger. Er versteht daher nicht, dass sich die Sozialpartner im Handel bei den aktuellen Kollektivvertragsverhandlungen nicht verstärkt des Themas annehmen und Branchenlösungen entwerfen.
Vorbildliche Betriebe Das Gütesiegel NestorGold wird vom Sozialministerium an Betriebe und Organisationen verliehen, die die Potenziale und Bedürfnisse ihrer älteren Mitarbeiter sowie den Dialog zwischen Generationen fördern. Dafür ist eine Zertifizierung nötig. Preisträger: Leiner, Kaiser-Franz-Josef-Spital,
Unternehmensberatung „die Berater“,
AMS
Niederösterreich, AK Salzburg und AK Steiermark.
Wer sich auf seinem Arbeitsplatz wohlfühlt, bleibt auch länger in Beschäftigung. Wie sehr präventive Maßnahmen zur Erhaltung der Arbeitsfähigkeit wirken, zeigt ein gemeinsames Projekt der Pensionsversicherungsanstalt (PVA) mit der Allgemeinen Unfallversicherung (AUVA). Sie starteten vor fünf Jahren mit acht Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen ein Programm zur Reduktion von Frühpensionierungen. Die Palette reichte von der Sensibilisierung der Führungskräfte, flexibleren Arbeitszeit-Modellen und Pausenregelungen bis zu neuen Dienstplänen, besserer Ergonomie am Arbeitsplatz und Stressprävention.
Ergebnis: 70 Prozent der älteren Arbeitnehmer blieben im Durchschnitt acht Monate länger im Betrieb, die Krankenstände verringerten sich deutlich, die Produktivität wurde um bis zu 26 Prozent gesteigert. Am Programm nahmen unter anderen Strabag, H&M, Schinnerl Metall, Liebherr sowie Banken und Spitäler teil.
PVA-Chef Winfried Pinggera zeigte sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden: „Zwei Drittel der umgesetzten Maßnahmen setzten bei den Arbeitsbedingungen an, ein Drittel bei der Arbeitszeit.“
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