In Venezuela wird das Bargeld knapp

Ein Mann hält einen Stapel venezolanischer Geldscheine in den Händen.
Das alte, wertlose Bargeld wurde bereits aus dem Verkehr gezogen. Die neuen 500-Bolivar-Scheine sind derweil noch nicht im Umlauf und sollen vorraussichtlich erst nächste Woche verteilt werden.

In Venezuela wird das Bargeld knapp. Während der bisher größte Schein bereits eingezogen und entwertet wurde, sind die neuen Banknoten noch nicht da. Das Geschäftsleben in dem südamerikanischen Erdölland dürfte in den kommenden Tagen kompliziert werden.

Unfreiwillig bargeldlos: Während in Venezuela der Großteil der Geldscheine aus dem Verkehr gezogen wird, verzögert sich die Ausgabe größerer Banknoten. Die neuen 500-Bolívar-Scheine wurden am Donnerstag nicht wie geplant in Umlauf gebracht. "Die Banken haben noch keine neuen Geldscheine erhalten", sagte der Präsident der Banco Venezolano de Crédito, Germán García-Velutini.

76 Millionen Scheine betroffen

Am Abend zeigte Präsident Nicolas Maduro im Fernsehen die neuen Geldscheine. "In den nächsten Tagen werden sie in Umlauf gebracht", sagte der sozialistische Staatschef. Es seien bereits 76 Millionen 500er-Scheine eingetroffen und würden nun den Banken zugeteilt.

Aus Finanzkreisen hieß es hingegen, die erste Lieferung werde das Land frühestens am Freitag erreichen. Ausgegeben würden die Scheine voraussichtlich erst in der kommenden Woche. Der bisher größte Schein im Wert von 100 Bolívar verlor hingegen fristgerecht am Donnerstagabend seinen Wert.

Wegen der Hyperinflation in dem Erdölland hätten von Donnerstag an eigentlich größere Geldscheine eingeführt werden sollen. Zunächst sollten 500-Bolívar-Scheine in Umlauf gebracht werden, später dann Banknoten im Wert von 1.000, 2.000, 5.000, 10.000 und 20.000 Bolívar.

Ein US-Dollar entspricht 2500 Bolivar

Die 100er-Scheine machten fast die Hälfte des sich im Umlauf befindlichen Bargeldes aus. Die Banknote ist allerdings kaum etwas wert. Ein US-Dollar kostet auf dem Schwarzmarkt derzeit rund 2480 Bolívar. Selbst kleine Anschaffungen werden in Venezuela mit dicken Geldbündeln bezahlt.

"Es ist das erste Mal in der Geschichte der modernen Welt, dass eine Regierung Geldscheine einzieht, ohne sie durch neue zu ersetzen", kritisierte der zweite Vizepräsident der Nationalversammlung, der Oppositionelle Simón Calzadilla, auf Twitter.

Wie in den kommenden Tagen ohne Bargeld Einkäufe in Venezuela abgewickelt werden sollen, ist völlig unklar. "Jetzt gibt es keine Geldscheine mehr - keine alten und keine neuen", sagte die Finanzexpertin Tamara Herrera. Rund ein Drittel der Venezolaner verfüge über kein Bankkonto und könne deshalb am bargeldlosen Zahlungsverkehr nicht teilnehmen.

Umtausch noch möglich

Der 100-Bolívar-Schein wurde schon aus dem Verkehr gezogen. Bis Donnerstagabend konnten die Venezolaner ihr Geld umtauschen oder auf Konten gutschreiben lassen. "Die Frist ist abgelaufen. Es gibt keine Verlängerung", sagte Präsident Maduro. Bis zum 20. Dezember ist noch der Umtausch bei der Zentralbank möglich.

Angeblich wurde der 100er-Schein gezielt aus dem Ausland aufgekauft, um dem Land Liquidität zu entziehen und die Wirtschaft zu destabilisieren. Die Bargeldbestände würden vor allem in Kolumbien, aber auch in Deutschland, Tschechien und der Ukraine gehortet, sagte Präsident Maduro. Hinter dem Komplott stecke das US-Finanzministerium.

Grenze zu Kolumbien bleibt geschlossen

Maduro verlängerte die Schließung der Grenze zu Kolumbien am Donnerstag um weitere 72 Stunden. Damit solle ein Rückfluss von 100-Bolívar-Scheinen nach Venezuela verhindert werden. Die Grenze zwischen den beiden südamerikanischen Ländern war erst im August nach einem Jahr wieder geöffnet worden.

Das südamerikanische Land kämpft mit der höchsten Inflation weltweit. Die Regierung macht keine Angaben zur Teuerungsrate, aber Experten rechnen mit 600 bis 700 Prozent Inflation im laufenden Jahr. Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet 2017 sogar eine Inflationsrate von mehr als 1600 Prozent.

Venezuela leidet seit Monaten unter einer schweren Wirtschafts- und Versorgungskrise. Wegen des niedrigen Ölpreises verfügt das Land mit den größten Erdölreserven der Welt kaum noch über Devisen.

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