Hödlmayr: "Jeder Mitarbeiter hier liefert Ideen"
KURIER: Herr Hödlmayr, der KURIER und Ihr Unternehmen sind beide 60 Jahre alt, beide arbeiten völlig anders als zu Beginn.
Johannes Hödlmayr: Hier hat mein Großvater Heu gelagert, mein Vater hat Tiere transportiert und 1962 haben wir entschieden: Wir transportieren nur mehr Produkte, die Räder haben.
Ja, aber wir haben ständig neue Aufgaben dazu übernommen. Inzwischen sitzen wir bei sechs Autoherstellern schon am Ende des Produktionsbandes, haben auch technische Aufgaben wie den Einbau von DVD-Playern übernommen, und wir transportieren auf Lkw, Schiene und auf dem Wasserweg.
Als Zulieferer sind Sie vom ständigen Kostendruck betroffen, der seit dem berühmten Spanier Lopez, der von Opel zu VW wechselte, nicht mehr aufhört.
Jein. Ich bin selbst 1992 mit Lopez-Mitarbeitern hier gesessen und habe diskutiert, was wir tun, damit der Opel-Händler seine Autos schneller bekommt. Die Einsparungen haben wir uns geteilt. Damals haben wir eine neue Firmenkultur entwickelt, die heißt KVP: Kontinuierlicher Verbesserungsprozess. Bei Hödlmayr heißt dies MOVE – Motivation, Organisation, Verbesserung, Entscheidung.
Das heißt, Sie steigern Ihren Profit durch Rationalisierung der Prozesse?
Falsch. Es profitieren auch die Mitarbeiter. 1992 haben zwei Fahrer ein System entwickelt, wie wir drei Lkw gleichzeitig transportieren können. Wir haben viel Geld gespart und ich habe den beiden Mitarbeitern cash 100.000 Schilling (7267 Euro) in die Hand gedrückt. Das hat so einen Schub gebracht, dass inzwischen jeder Mitarbeiter hier Ideen liefert. Für jede Idee gibt es sofort 35 Euro und anschließend zehn Prozent von den Einsparungen.
Geld als wichtigste Motivation?
Nein, es geht um Wertschätzung. Wir schreiben in der internen Zeitung auch über die besten Mitarbeiter.
Kriegen Sie im Mühlviertel sehr gute Mitarbeiter?
Gute Frage. Das Wichtigste ist eine gute Schule für die Kinder. Wir haben gemeinsam mit der Firma Engel eine Privatschule gegründet, das Europagymnasium vom Guten Hirten Baumgartenberg. Die erste, wo alle Schüler ein Notebook bekommen haben, und nun ist diese Schule unter den Top-3-Realschulen im Land. Das Mühlviertel hat inzwischen die geringste Arbeitslosenrate in Österreich. Als Verkehrswirtschaft planen wir gerade mit der Uni und einer FH-Unterstützung einen Masterplan für den österreichischen Verkehr. Das wird entscheidend für den österreichischen Wirtschaftsstandort.
Wollen Sie noch mehr Transport auf die Straße?
Nein. Hödlmayr steht bei 70 Prozent der Transporte auf Lkw, 20 Prozent Schiene, acht Prozent Wasserweg und der Rest ist Pipeline – innerhalb der EU.
Also zu viel auf der Straße?
Nein. Österreich ist ohnehin besser, da sind es 31 Prozent Schiene. Für das Wachstum in Europa brauchen wir vor allem zwischen Ost und West mehr Verkehrswege, in erster Linie die Schiene, aber auch Binnenwasserwege. Aber für die letzte Meile werden wir immer den Lkw brauchen.
Die Straße ist eben zu billig.
Da bin ich anderer Meinung. Die Branche zahlt 14,3 Milliarden Euro Steuern im Jahr. Dieses Geld sollte man endlich zweckgebunden zu hundert Prozent in die Infrastruktur investieren. Wir zahlen gerne Steuern in Österreich, aber nur, wenn sie sinnvoll verwendet werden.
Auch Erbschafts- oder Vermögenssteuern, wenn gleichzeitig die Einkommensteuer gesenkt würde?
Neue Steuern nur dann, wenn vorher der Spargedanke bei der Regierung umgesetzt wurde.
Schafft der neue Finanzminister eine Steuerreform?
Denken wir zurück an das Jahr 2009, an die Krise, da hat die Wirtschaft den Gürtel enger geschnallt. Die Politiker sollen endlich die Verwaltung reduzieren und dann sollen sie die Ausbildung verbessern und die nötige Infrastruktur schaffen, so entstehen Arbeitsplätze. Und dann müssen die Lohnnebenkosten runter, der Bürger braucht mehr netto im Tascherl.
Sie nennen als Vorbild den Ex-Chef von General Electric, Jack Welch. Der hat gesagt, dass man regelmäßig die schlechtesten 20 Prozent seiner Mitarbeiter verlieren muss, um bessere einzustellen. Brutal, oder?
Ja, aber nach der Finanzkrise, als wir 32 Prozent des Umsatzes verloren haben, haben wir als Arbeitgeber gesagt, wir tragen die Mitarbeiter durch, in dem wir sie umschulen und weiterbilden, um in neue Märkte zu gehen.
Das heißt, Sie haben mehr Flexibilität verlangt?
Ja. Unsere einzige Chance als relativ kleines Unternehmen in Europa ist, dass wir neues Equipment haben und hervorragende Mitarbeiter, die jeden Tag auch von früh bis spät erreichbar sind.
Das heißt, Sie verlangen von den Leuten immer mehr.
Bingo, aber ich fordere nicht mehr, als ich selbst bereit bin zu geben. Das Wichtigste ist die Ausbildung.
Das heißt, die Jobs werden immer härter, aber wird der Gewinn auch gerecht verteilt?
Wir als Familienbetrieb haben immer das Geld in die Weiterentwicklung der Firma investiert, sonst wären wir nicht dort, wo wir sind, nämlich in kurzer Zeit in 16 Ländern. Ich habe kein Verständnis für Unternehmer, die das Geld rausziehen und sagen, hinter mir die Sintflut. Ich spüre die Verantwortung gegenüber 1500 Mitarbeitern und deren Familien. Also machen wir zu 60-Jahre-Hödlmayr auch kein Riesenfest, sondern haben die Mitarbeiter eingeladen und Danke gesagt.
Wir laden zu 60-Jahre-KURIER die Leser zu einem Tag der offenen Tür ein.
Gut so, das ist eben Ihre Entscheidung, die KURIER-Leser noch mehr von Ihrem Blatt zu überzeugen.
Aktuell verfügt der Logistiker Hödlmayr mit 600 Spezialtransportern und 10 europaweit eingesetzten Ganzzug-Systemen über insgesamt rund 1400 Mitarbeiter in 16 Ländern. Seit der Gründung wurde ein Umsatzvolumen von etwa 4 Mrd. Euro erwirtschaftet, an die 20 Mio. Fahrzeuge transportiert und zirka 500 Mio. Euro investiert. Johannes Hödlmayr (geb. 1957) trat 1976 in das Unternehmen ein und ist seit dem Jahr 2000 Vorstand.
Kommentare