Hellas schuldet Euro-Staaten 313 Mrd. Euro

Die griechische Flagge weht vor einem bewölkten Himmel.
Rechnet man die privaten Gläuiger hinzu, hat Griechenland Verbindlichkeiten in Höhe von 372 Mrd. Auf Österreich entfallen 9,1 Mrd. Euro.

Griechenland schuldet den anderen Mitgliedern der Eurozone rund 313 Mrd. Euro. Inklusive privater Gläubiger summiert sich der Betrag auf 372 Mrd. Euro. Zu diesem Ergebnis kommt ein aktueller Bericht der renommierten Brüssel Denkfabrik Centre for European Policy Studies (CEPS).

Der österreichische Staat hat nach diesen Berechnungen ein Griechen-Exposure - inklusive Haftungen - von 9,1 Mrd. Euro. Heimische Privatgläubiger sind demnach noch mit 1,8 Mrd. Euro in Griechenland engagiert. Die Zahlen für den öffentlichen Sektor beziehen sich auf Mai 2012 und für den Privatsektor auf Ende 2011.

Die Ökonomen erwarten, dass bei einem Griechen-Exit (" Grexit") die Hälfte der Forderungen ausfallen könnten. "Viele Beobachter rechnen mit einer Abwertung einer `neuen Drachme` von 50 Prozent. Nachdem dies die Kapazität für Kreditrückzahlungen des privaten und öffentlichen Sektors um die Hälfte reduziert, kann man ebenfalls mit einer Verlustrate von der Hälfte rechnen", geben die Studienautoren Cinzia Alcidi, Alessandro Giovannini und Daniel Gros zu Bedenken.

Von den 313 Mrd. Euro an griechischen Schulden entfallen laut CEPS 52,8 Mrd. Euro auf das erste Hilfspaket, 107,9 Mrd. Euro auf Kredite des provisorischen Euro-Rettungsschirms EFSF, 50 Mrd. auf das Anleihenankaufprogramm (SMP) der Europäischen Zentralbank (EZB) und 103 Mrd. Euro auf Target 2-Verbindlichkeiten. Über das Zahlungssystem Target 2 werden Finanzströme zwischen den Notenbanken der Euro-Länder über die EZB abgewickelt.

Griechische Banken nahe der Insolvenz

Sehr pessimistisch ist der Ausblick der CEPS-Ökonomen für das hellenische Finanzsystem: "Die griechischen Banken sind technisch nahe der Insolvenz, ihr Eigenkapital ist negativ oder sehr nahe bei Null."

Am stärksten betroffen von einem Zahlungsausfall Griechenlands wären der deutsche Staat mit einem Exposure von 88,6 Mrd. Euro, Frankreich mit 66,5 Mrd. Euro und Italien mit 58,5 Mrd. Euro. Dies entspricht dem Anteil der Länder an den Haftungen für die internationalen Finanzhilfen, an den griechischen Schulden bei der Europäischen Zentralbank sowie an den Target2-Verbindlichkeiten. Das höchste Exposure im Vergleich zur Wirtschaftskraft hat Portugal mit 7 Prozent, in Österreich beläuft sich das öffentliche und private Gesamtengagement auf 4 Prozent des BIP, auch die Eurozone liegt im Schnitt bei 4 Prozent. Die portugiesischen Banken halten Forderungen gegenüber Griechenland in der Höhe von 6,4 Mrd. und der portugiesische Staat 5,3 Mrd. Euro.

"Die `immateriellen Kosten` eines griechischen Exit können nicht in Zahlen quantifiziert werden", betonen die Ökonomen. Es gebe kurzfristige Ansteckungseffekte über höhere Staatsanleihen-Risikoaufschläge für Länder wie Spanien und Italien und das Risiko eines "Bank Run" in den peripheren Euro-Staaten. Die `materiellen Kosten` würden sich im "wahrscheinlichen Zahlungsausfall" Griechenlands niederschlagen. Nach dem letzten Schuldenschnitt schulde Griechenland ausländischen privaten Kreditgebern "relativ wenig", aber "sehr viel" den öffentlichen Institutionen EFSF und EZB. Es habe damit "einen massiven indirekten `Bail-Out` für die Eurozonen-Banken geben".

Grexit wird real

Die CEPS-Ökonomen haben sich auch mit der Frage beschäftigt, warum ein Euro-Exit Griechenlands so "plötzlich eine reale Perspektive" geworden sei. "Der Hauptgrund ist, dass seit Anfang Mai die anhaltende Kapitalflucht sich offensichtlich so beschleunigt hat, dass es sich in einen realen `Bank Run` verwandeln könnte." Es gebe eine "sehr reale Möglichkeit", dass Griechenland "kein frisches Geld mehr" in ihrem Bankensystem haben wird. Der Rückgang der griechischen Bankeinlagen um 50 Mrd. Euro habe aber nicht zu einem "entsprechenden Anstieg" der Bargeldzirkulation geführt. "Ein viel sicherer Weg, sich gegen die Rückkehr der Drachme zu versichern, ist deutsche Staatsanleihen zu kaufen und diese auf griechischen Konten zu parken", erklären die Experten.

Zu potenziellen Zukunftsszenarien Griechenlands nahmen die Ökonomen nur kurz Stellung: Ob auf den möglichen Euro-Austritt Griechenlands ein Zahlungsausfall folgt, hänge "sehr stark vom Willen und der Fähigkeit" der europäischen Partner und Gläubiger ab, "zu warten und die Brücke zwischen kurzer und langer Frist zu finanzieren".

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