Heftiges Feilschen um das Staatsziel Wirtschaft

Streit um dritte Flughafen-Piste machte die Politik munter.
Neos lassen sich Zustimmung teuer abkaufen, fordern Senkung der Kammerumlage und der Beiträge zur Unfallversicherung.

Die Regierung ist in der Sache noch keinen Schritt weitergekommen und es sieht nicht nach einer baldigen Lösung aus. Seit dem Herbst streiten Türkis-Blau und die Neos über das Staatsziel Wirtschaft.

Auslöser für die Idee, den Wirtschaftsstandort in der Verfassung zu verankern, war das ursprüngliche Nein des Bundesverwaltungsgerichtes zum Bau der dritten Start- und Landepiste am Flughafen Wien. Der Richtersenat hatte unter anderem mit dem in der Verfassung festgeschriebenen Umweltschutz-Aspekt argumentiert.

Die heimische Industrie war geschockt und fürchtete, künftig keine größeren Bauvorhaben und Infrastrukturprojekte durchzubringen, von den Bahntunnels bis zur 380-KV-Leitung.

Zuerst wurde in der Regierung überlegt, alle Staatsziele wieder aus der Verfassung zu streichen. Heftige öffentliche Aufregung wäre allerdings vorprogrammiert gewesen. Neben der Forschung und der Versorgungssicherheit mit Wasser und Lebensmitteln hätte auch der Tierschutz geopfert werden müssen. In Österreich realpolitisch unvorstellbar.

Also sollte das Bekenntnis „zu einem nachhaltigen und wettbewerbsfähigen Wirtschaftsstandort als eine Voraussetzung für Wohlstand und Beschäftigung“ ebenfalls in den Verfassungsrang.

Die SPÖ winkte ab und für die notwendige parlamentarische Zwei-Drittel-Mehrheit braucht die Regierung die Stimmen der Neos.

Diese signalisierten ursprünglich ihre Zustimmung, wollen sich ihr Ja aber möglichst teuer abkaufen lassen.

 

Heftiges Feilschen um das Staatsziel Wirtschaft

Neos-Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn.

„Wir brauchen eine substanzielle Entlastung der Unternehmen. Die Lippenbekenntnisse zur Steuerreform sind uns zu wenig“, argumentiert Neos-Wirtschafts- und Industriesprecher Sepp Schellhorn. Mehrere Diskussionsrunden mit Parteichefin Beate Meinl-Reisinger und ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck endeten ohne Ergebnis, zuletzt auch ein vorweihnachtlicher Gesprächstermin.

Schellhorn fordert nun eine neue Berechnung der Kammerumlage 2 – und zwar vom Netto- statt vom Bruttolohn. Mittelfristig plädiert die Kleinpartei für die gänzliche Abschaffung. Schließlich sei sie bei der Einführung 1979 „nur als vorübergehende Maßnahme zur Unterstützung von notleidenden Unternehmen gedacht gewesen“. Dies würde in einem ersten Schritt 100 Millionen Euro und mittelfristig 350 Millionen Euro Entlastung für die heimischen Unternehmen bringen.

Zusätzlich urgieren die Neos die Senkung der Unfallversicherungsbeiträge. Die Zahl der Arbeitsunfälle gehe zurück und „die Lohnsumme sowie die Höchstbeitragsgrundlage sind stets gestiegen“, begründet Schellhorn. Das Finanzvermögen der AUVA beziffert er mit rund 500 Millionen Euro und die Rücklagen mit 1,1 Milliarden. Beide Maßnahmen könnten bereits 2019 greifen.

Ungeduld

Die Senkung der Lohnnebenkosten sei bei den Gesprächen ein zentrales Thema gewesen, bestätigt Schramböck.

 

Heftiges Feilschen um das Staatsziel Wirtschaft

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck.

Diese Vorhaben habe die Regierung bei ihrer Klausur beschlossen „und einen klaren Zeitplan für die Steuerreform vorgelegt“. Es liege an den Neos, ihre Zusagen einzuhalten. Jetzt könne die Partei beweisen, „ob sie wirklich wirtschaftsliberal ist und die Stärkung des Standortes ein ernst gemeintes Vorhaben ist“, kontert die Wirtschaftsministerin.

ÖVP-Infrastruktursprecher Andreas Ottenschläger wirkt bereits einigermaßen genervt: „Irgendwann müssen sich die Neos entscheiden – Ja oder Nein. Ich verstehe diese ständige Verknüpfung mit anderen Forderungen und diesen Zick-Zack-Kurs wirklich nicht mehr.“ Vielleicht sollte man eine Abstimmung im Parlament riskieren, „damit endlich klar dokumentiert wird, wer dagegen ist“. Wiewohl die Einladung zum gemeinsamen Vorgehen nach wie vor aufrecht sei.

Heftiges Feilschen um das Staatsziel Wirtschaft

ÖVP-Verkehrssprecher Andreas Ottenschläger.

Stellt sich noch die Frage, ob die Festschreibung des Wirtschaftsstandortes überhaupt Einfluss auf Behördenverfahren hätte. „Holler“, ätzte die SPÖ, „grenzenloser Schmarrn“, schimpfte Alfred Noll (Liste Jetzt). Ottenschläger dagegen ist sehr wohl überzeugt, dass ein Staatsziel Behördenverfahren beeinflusse. Im gegenständlichen Fall „alle Projekte mit UVP-Verfahren“.

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