Hausdurchsuchungen bei Politikern sollen erschwert werden

Justice statue with sunlight
Neuer Gesetzesvorschlag erntet massive Kritik. Morgen läuft die Begutachtungsfrist ab.

„Was wir hier sehen, ist ein Weg, um die Ermittlungstätigkeit der Staatsanwaltschaften im öffentlichen Bereich völlig abzudrehen. Das führt dazu, dass die Amtsverschwiegenheit wesentlich stärker geschützt ist als zum Beispiel die Verschwiegenheitspflicht bei Unternehmen, wie Telekommunikations- oder Pharmaunternehmen, die mitunter über sehr sensible Daten von BürgerInnen verfügen. Auf die können die Staatsanwaltschaften dann im Vergleich wesentlich leichter zugreifen”, sagt der Verfassungsrechtsexperte Heinz Mayer. “Wir schaffen eine Zwei-Klassen-Justiz auf diese Art und Weise!”

Morgen, Freitag, endet die Begutachtungsphase für einen brisanten Gesetzesvorschlag aus dem Innenministerium. „Bereits im Vorfeld übten ExpertInnen heftige Kritik am darin enthaltenen “Razzia-” oder “Vertuschungsparagrafen”, der künftig Hausdurchsuchungen bei Politiker und Beamten erschweren soll (§112a StPO). Über 8.000 Stellungnahmen sind dazu im parlamentarischen Begutachtungsprozess eingegangen“, sagt Maria Mayrhofer, Geschäftsführerin der zivilgesellschaftlichen Kampagnenorganisation #aufstehn. “Der Löwenanteil der Stellungnahmen stammt von BürgerInnen, die sich um unsere Demokratie und unseren Rechtsstaat sorgen." #aufstehn hatte Einzelpersonen dazu aufgerufen, sich online im Begutachtungsprozess einzubringen und Stellungnahmen abzugeben. 

Der vom Innenministerium eingebrachte Gesetzesvorschlag sieht vor, dass Hausdurchsuchungen bei Behörden künftig nur noch unter großen Einschränkungen möglich sein sollen. Damit verlieren die Staatsanwaltschaften in Korruptionsverfahren gegen Politiker und Beamte de facto eines ihrer wichtigsten Werkzeuge.

“Für viele Menschen hat Kurz’ ÖVP hier eine rote Linie überschritten. Während man selbst mit Korruptionsermittlungen und Hausdurchsuchungen konfrontiert ist, diese einschränken zu wollen – das wirft kein gutes Licht auf die Kanzlerpartei”, sagt Mayrhofer. “8.000 Stellungnahmen sind ein deutliches Stopp-Signal an die Drahtzieher hinter dem Gesetzesvorschlag, aber auch ein klarer Auftrag an die Justizministerin Alma Zadić: Sie muss die Kritik ernst nehmen und als zuständige Ministerin Justiz und Rechtsstaat gegen Angriffe durch den Koalitionspartner verteidigen.“ 

"Die geplante Einschränkung der Hausdurchsuchungen reiht sich in eine ganze Serie von Angriffen auf Rechtsstaat und Justiz. So forderten prominente Politiker Anfang des Jahres die Zerschlagung der WKStA, gerichtlich bewilligte Hausdurchsuchungen bei Politikern wurden als rechtswidrig dargestellt, Unterlagen werden dem Parlament nicht übermittelt”, sagt der Jurist Oliver Scheiber. “Und es geht weiter: Erst vor wenigen Tagen wurde ein Gesetzesvorschlag versandt, mit dem die unabhängige Bundeswettbewerbsbehörde durch Berichtspflichten an die Kandare genommen werden soll. Die gemeinsame Absicht aller Vorhaben ist klar: die Schaffung einer Zwei-Klassen-Justiz, in der Politik und Konzernwirtschaft vor straf- und wettbewerbsrechtlicher Verfolgung geschützt werden.“

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