Detox-Kampagne kommt bei Adidas und Nike nicht aus Startlöchern

Ein Athlet in Startblöcken mit goldenen und schwarzen Nike-Laufschuhen.
Greenpeace rügt Adidas und Nike für fehlenden Willen zur Entgiftung. Umweltschützer fordern gesündere Textilproduktion.

Am Laufsteg heißt es bekanntlich, eine gute Figur zu machen. Die Umweltschützer von Greenpeace schicken seit zwei Jahren die großen Player in der Modebranche auf den "Detox-Catwalk" (zu deutsch: Entgiftungs-Laufsteg, hier geht's zur Greenpeace-Kampagne). Nun wurde eine Zwischenbilanz gezogen - und die Giganten Adidas und Nike bekommen ihr Fett weg.

"Detox" - entgiften

In der internationalen Kampagne Detox fordert Greenpeace die Mode-Hersteller auf, riskante Chemikalien durch umweltfreundliche Substanzen zu ersetzen. Greenpeace-Untersuchungen belegten 2011, dass in der Textilproduktion verwendete gefährliche Chemikalien im Herstellungsland durch Fabrikabwässer und im Absatzland durch die Haushaltswäsche freigesetzt werden können.

Menschen liegen auf einem Banner und formen das Wort „Detox“ mit Greenpeace-Logo und T-Shirts von Nike und Adidas.
Greenpeace activists form a human banner with message "Detox" at Santichaiprakarn Park, on the banks of Chao Phraya river in Bangkok July 14, 2011. According to their press release, Greenpeace's recent investigation revealed that many leading clothing brands including Nike and Adidas have commercial relationships to factories in China that discharge toxic wastewater into major rivers and it calls upon companies to remove toxic chemicals from their supply chains and from their products. Greenpeace is warning that Thailand, which also host factories of the same brands, faces a similar threat. REUTERS/Chaiwat Subprasom (THAILAND - Tags: POLITICS CIVIL UNREST ENVIRONMENT)

Kritik...

Zwar hätten sich die beiden Sportartikel- und Textilgiganten im Rahmen der Kampagne zum Gift-Ausstieg bis 2020 verpflichtet, ließen nun aber "Taten vermissen". "Gerade Adidas macht weiter wie bisher", erklärte Greenpeace-Chemieexperte Manfred Santen. Die Firma aus Herzogenaurach und ihr US-Konkurrent Nike seien zum Start vor zwei Jahren noch Vorreiter gewesen, versteckten sich jetzt aber hinter "leeren Papierversprechen".

... und Reaktion aus Herzogenaurach

Ein Adidas-Logo auf einem grauen T-Shirt, teilweise von einer blauen Jacke verdeckt.
Adidas wies die Vorwürfe zurück und erklärte, diese basierten nicht auf Fakten. Es erfülle alle Verpflichtungen, die es Greenpeace gegenüber zum Start der Kampagne abgegeben habe.

"Wir arbeiten seit Jahren erfolgreich an der Reduzierung und schrittweisen Eliminierung gefährlicher Chemikalien in unserer Beschaffungskette." Unter anderem sei Adidas die einzige Marke weltweit, die sich formell verpflichtet habe, auf zwölf spezifische gefährliche Chemikalien zu verzichten. Alle relevanten Standards zum Umgang mit Chemikalien in der eigenen Lieferkette seien öffentlich und erfüllten strengste Vorgaben. Die Einhaltung werde auch von unabhängigen Experten überwacht.

Lichtblicke

Besser macht es nach Angaben der Umweltschützer etwa das Unternehmen Benetton. Es setze auf modernste Technologie zur Verbannung schädlicher Chemikalien und stehe für vorbildliche Transparenz bei seinen Zulieferern in China und südlichen Ländern. Lob erhielten auch Modemarken wie H&M, Mango und Zara.

Fakten

Nach Angaben von Greenpeace haben sich 17 Unternehmen generell zur Entgiftung ihrer Textilproduktion bis 2020 verpflichtet. Die Organisation verfolgt deren weiteres Verhalten im Rahmen ihrer Kampagne und veröffentlicht Statusberichte als sogenannten Detox-Catwalk im Internet. In die Beurteilung fließt dabei etwa ein, ob Firmen genaue Daten über den Schadstoffanfall in ihren Fabriken veröffentlichen und welche Gegenmaßnahmen sie planen. Bei der Textilproduktion in Ländern wie China, Pakistan und Mexiko werden nach Greenpeace-Angaben oft Gewässer verseucht, was Menschen und Umwelt gefährdet.

Die Frage sei nicht ob, sondern wann wieder eine Fabrik in Bangladesch einstürzt oder in Flammen aufgeht. Das sagen Mitarbeiterinnen von Clean Clothes nach einem Lokalaugenschein in der 15-Millionen-Einwohner-Hauptstadt Dhaka.

Außer am Papier scheint noch nicht viel passiert zu sein. Nachdem vor einem Jahr mehr als 1100 Näherinnen bei einem Fabriksbrand ums Leben kamen, haben sich hundert Unternehmen verpflichtet, für bessere Sicherheitsstandards bei ihren Zuliefererbetrieben zu sorgen. „Umgesetzt ist das Sicherheitsabkommen aber noch nicht. Und es beinhaltet nicht die noch immer ausstehenden Entschädigungszahlungen und eine Anhebung der Löhne“, sagt Südwind-Mitarbeiterin Ines Zanella.

Rund vier Millionen Menschen in Bangladesch arbeiten in der Textilindustrie. Der staatliche Mindestlohn liegt bei monatlich 30 Euro. Arbeitnehmervertreter fordern eine Anhebung auf 76 Euro, um ein existenzsicherndes Lohnniveau zu gewährleisten. Ein Kilo Reis kostet in Bangladesch rund 50 Cent, ein Kilo Tomaten 90 Cent, ein Kilo Rindfleisch etwa drei Euro. Die Arbeiter sind nicht krankenversichert, ein Arztbesuch kostet 60 bis 100 Euro. Die Arbeitgeber stellten am Montag eine Anhebung der Löhne um 50 bis 80 Prozent in Aussicht. Dafür sollen auch die Modeketten zur Kasse gebeten werden.

Bilder: Die größten Industriedesaster

Ein gezeichnetes Bild einer zerstörten Fabrik mit Feuerwehrleuten, die das Feuer bekämpfen.

Pemberton Mills
Ein historisches Foto zeigt ein mehrstöckiges Gebäude, das von Feuerwehrleuten mit Wasserwerfern gelöscht wird.

Triangle Shirtwaist
Die Ruinen von Oppau nach der verheerenden Explosion im September 1921.

Oppau
Ein Mann mit einer Armbinde steht hinter einem Metallgitter, möglicherweise bei einer Demonstration.

Minamata 1932
Detox-Kampagne kommt bei Adidas und Nike nicht aus Startlöchern

Three Mile Island Atomkraftwerk
Eine Menschenmenge versammelt sich vor dem Kernkraftwerk Three Mile Island.

Three Mile Island
Bauarbeiten am Kernkraftwerk Tschernobyl nach der Katastrophe.

File photo to accompany the 25th anniversary of th
Eine alte Gasmaske und ein abgenutzter Schuh liegen in einem verlassenen Gebäude.

To match Special Report NUCLEAR/POWER-EMERGING
Eine Ölplattform steht in Flammen, während Schiffe Wasserwerfer einsetzen.

ReutersFire boat response crews battle the blazing remnants of the offshore oil rig Deepwater Horizon off Louisiana in this April 21, 2010 handout file photo. Plaintiff lawyers claimed a victory on August 26, 2011 when a U.S. federal judge overseeing hund
Ein Unterwasserroboter untersucht eine Quelle mit dunklem, aufsteigendem Material.

dapdFILE - In this Monday July 12, 2010 image from video made available by BP PLC, oil flows out of the top of the transition spool, which was placed into the gushing wellhead and will house the new containment cap, at the site of the Deepwater Horizon oi
Mehrere Pelikane stehen im Wasser nahe einem Ufer.

REUTERSHealthy brown pelicans are pictured along Cat island in Barataria Bay near Myrtle Grove, Louisiana March 31, 2011. BPs well leaked more than 4 million barrels of oil (168 million gallons/636 million liters) after the Deepwater Horizon drilling rig
Eine zerstörerische Welle überschwemmt eine japanische Stadt, schleudert Autos um und beschädigt Gebäude.

Zwei Jahre nach Fukushima
Die zerstörte Struktur eines Gebäudes mit Trümmern und freiliegendem Stahl.

Fukushima-Tanks undicht - Radioaktives Wasser läuft aus
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Seit der Katastrophe in Fukushima sind Japans Bürger Atomkraft gegenüber skeptisch. Um ihnen Sicherheit zu geben, werden alle japanischen AKW einem Stresstest unterzogen.
Nach dem Einsturz eines Gebäudes in Bangladesch suchen Menschen nach Überlebenden.

Bangladesch
Ein Feuerwehrmann rettet ein Kind aus den Trümmern.

A woman is rescued from the rubble after a factory

Bangladesch, eines der ärmsten Länder der Welt, lockt mit Billiglöhnen internationale Textilketten an und ist so zum zweitgrößten Textilproduzenten der Welt aufgestiegen. Jährlich werden Kleider mit einem Exportwert von mehr als 14 Milliarden Euro verschifft. „2012 hat die EU Waren im Wert von 9,2 Milliarden Euro aus Bangladesch importiert, 76 Prozent davon entfielen auf Textilien. Damit ging mehr als die Hälfte der Texilproduktion des Landes in die EU“, rechnet Zanella vor. Allein H&M importierte 2012 Waren im Wert von 1,1 Milliarden Euro „made in Bangladesh“. Europäische Konzerne profitieren nicht nur von den niedrigen Löhnen, sondern auch von einem Handelsabkommen, das die Einfuhr von Waren aus Bangladesch in die EU von Zöllen befreit.

Zeitdruck

In Bangladesch ist die Textilindustrie eng mit der Politik verzahnt. Jeder zehnte Parlamentsmitarbeiter ist in der Textilindustrie tätig. 3500 Fabriken exportieren ins Ausland. Gearbeitet wird unter hohem Zeitdruck. Von der Auftragserteilung bis zur Auslieferung vergehen im Schnitt 35 bis 50 Tage. Überstunden sind damit für Näherinnen Alltag.

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