"Gelber Engel" seit Jahren manipuliert

Detailansicht eines gelben ADAC-Autos mit schwarzer Aufschrift.
Bei der Wahl zum Lieblingsauto der Deutschen war über Jahre hinweg alles erstunken und erlogen.

Die Manipulationen beim ADAC-Preis "Gelber Engel" hatten wahrlich System: Sowohl die Reihenfolge der platzierten Modelle, als auch die Anzahl der abgegebenen Stimmen bei der Wahl zum Lieblingsauto waren über Jahre hinweg fehlerhaft.

Durch diese bewussten Veränderungen sei eine größere Markenvielfalt in den Top-Platzierungen erreicht worden, zitiert der ADAC aus dem Bericht der externen Prüfer von Deloitte. Fehlerhaft waren demnach die Preisverleihungen in den Jahren 2009 bis 2013. Für frühere Jahre war eine Prüfung laut ADAC nicht mehr möglich, weil dazu nicht mehr ausreichende Daten vorhanden sind.

Eine Videokamera filmt die ADAC Gelber Engel Preisverleihung 2014.
ARCHIV - Eine Kamera steht am 16.01.2014 in München (Bayern) bei der ADAC Preisverleihung «Gelber Engel 2014» vor einer Video-Wand, auf der das Veranstaltungslogo zu sehen ist. Beim Autopreis «Gelber Engel» des ADAC hat es schon seit Jahren Manipulationen bei der Wahl zum Lieblingsauto gegeben. Foto: Tobias Hase/dpa (zu dpa "Prüfbericht: Jahrelange Manipulationen beim «Gelben Engel» vom 17.02.2014) +++(c) dpa - Bildfunk+++
Der ADAC hat die Unternehmensberatung Deloitte mit der Untersuchung des Preises beauftragt. "Für sämtliche Jahre, die wir auswerten konnten, können wir eindeutig belegen, dass sowohl die Teilnehmerzahlen als auch die Stimmergebnisse umfangreich manipuliert wurden", so Deloitte-Experte Frank Marzluf.

"Die Ergebnisse lassen vermuten, dass einzelne Personen offenbar bereits seit Jahren bei der Preisverleihung die Hersteller und die Öffentlichkeit systematisch getäuscht haben", sagte ADAC-Geschäftsführer Karl Obermair.

BMW, VW & Co geben Preise zurück

Vergangene Woche hatten die Prüfer bereits Manipulationen bei der diesjährigen Wahl bestätigt. Weitere Kategorien des "Gelben Engels" sind noch auf dem Prüfstand. Als Konsequenz wollen die Autokonzerne BMW, Daimler und Volkswagen in der kommenden Woche insgesamt 40 "Gelbe Engel" zurückgeben (mehr dazu hier).

Der ADAC vergibt den Autopreis „ Gelber Engel“ seit 2005 - in mittlerweile neun Kategorien. Die vom Autoclub seitdem gekürten " Lieblingsautos der Deutschen2 - Sieger und Platzierte:
-2005: Audi A6, dahinter: Opel Astra und VW Golf
-2006: VW Passat, BMW 3er, Opel Zafira - 2007: Audi TT Coupé, BMW 3er Coupé, Opel Corsa - 2008: Mercedes C-Klasse, Audi A5, Ford Mondeo - 2009: VW Golf VI, Opel Insignia, Mercedes SLK - 2010: Mercedes E-Klasse, VW Polo, BMW X1 - 2011: BMW 5er, Mercedes CLS, Audi A1 - 2012: Audi Q3, BMW 1er, Mercedes SLK - 2013: Mercedes A-Klasse, VW Golf, BMW 3er - 2014: VW Golf, Audi A3, Mercedes A-Klasse

13. Januar 2014: Der Autofahrer-Club gibt bekannt, dass die Leser der Mitgliederzeitschrift „Motorwelt“ den VW Golf zum „Lieblingsauto der Deutschen“ gewählt hätten.
14. Januar: Die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet von Manipulationen. Es soll nur 3409 Stimmen für den Gewinner gegeben haben, laut einem ADAC-Papier waren es 34 299. Der Verein weist den Vorwurf zurück.
16. Januar: Bei der Feier zur Auszeichnung des VW Golf spricht Geschäftsführer Karl Obermair von „Unterstellungen und Unwahrheiten“ und prangert eine „Schande für den Journalismus“ an.
17. Januar: ADAC-Kommunikationschef Michael Ramstetter gesteht laut Obermair die Fälschungen, der Verein behält das aber zunächst für sich. Ramstetter übernimmt die alleinige Verantwortung und legt sein Amt nieder.
19. Januar: Nach einem Bericht der „Bild am Sonntag“ räumt der ADAC Manipulationen ein und bestätigt Ramstetters Abgang. Laut Club wussten Präsidium und Geschäftsführung nichts von Unregelmäßigkeiten.
20. Januar: Ramstetter habe auch die Jahre zuvor bei der Umfrage zum „Lieblingsauto“ die Zahlen geschönt, sagt Obermair.
21. Januar: ADAC-Präsident Peter Meyer lehnt einen Rücktritt ab. Die Staatsanwaltschaft München untersucht in einer „Vorprüfung“, ob Straftatbestände berührt sein könnten.
23. Januar: Das Münchner Amtsgericht prüft, ob der Club mit seinen 19 Millionen Mitgliedern den Vereinsstatus behalten darf.
24. Januar: Laut „Stern“ reiste Meyer mit Hubschraubern der ADAC- Luftrettung zu Veranstaltungen. Die Statuten erlaubten das in Ausnahmefällen, sagt ein Sprecher. Es habe binnen zehn Jahren rund 30 solcher Flüge von Präsidiumsmitgliedern zu ADAC-Terminen gegeben.
27. Januar: Die „Bild“-Zeitung berichtet über das Haus eines ADAC-Managers in Bad Homburg. Laut Verein wohnt der Regional- Geschäftsführer Hessen-Thüringen dort zur Miete - für 3230 Euro kalt im Monat. Die Immobilie diene dem ADAC als Geldanlage.
28. Januar: Die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ berichtet, Meyer sei mit einem ADAC-Hubschrauber von einem Geschäftstermin nach Hause geflogen. Laut Club wurde der Flug 2003 aber nicht extra organisiert.
29. Januar: Ein ADAC-Hubschrauber föhnte 2006 in Braunschweig mit dem Wind der Rotorblätter einen unter Wasser stehenden Fußballplatz vor einer Zweitliga-Partie trocken. Das Innenministerium rügte den Flug, danach bezahlte die Stadt Braunschweig den Einsatz.
30. Januar: Der ADAC prüft Bestechungsvorwürfe im Zusammenhang mit einer Badegewässeruntersuchung in den 1990er Jahren. Der Club reagiert damit auf einen Bericht der „Frankenpost“.
31. Januar: Nach Recherchen der „Süddeutschen Zeitung“ und des NDR-Magazins „Panorama“ drängt der ADAC seine Pannenhelfer, bestimmte Auto-Batterien zu verkaufen. Dafür gebe es eine Prämie.
1. Februar: Der ADAC räumt einen 200 000 Euro umfassenden Werbe-Deal des Regionalverbands Nordrhein mit der Firma eines ADAC-Funktionärs ein. Dabei sei aber „alles klar geregelt“ gewesen, heißt es.
5. Februar: Medienberichten zufolge sollen Reifenhersteller vor Tests Details erfahren und ihre Produkte angepasst haben. Der ADAC und die Stiftung Warentest weisen die Vorwürfe zurück.
6. Februar: Laut „Süddeutscher Zeitung“ soll der Club bei der Wahl zum „Lieblingsauto der Deutschen“ auch die Platzierung manipuliert haben. Ein Sprecher sagt, er könne den Bericht nicht bestätigen.
7. Februar: Deutsche Autokonzerne wollen ihre Preise zurückgeben, sollten sich die neuen Vorwürfe bestätigen. Der ADAC legt einen 10-Punkte-Reformplan vor.
10. Februar: ADAC-Präsident Meyer kommt einer Amtsenthebung zuvor und tritt zurück - kurz bevor unabhängige Wirtschaftsprüfer ihren Bericht vorlegen.

Mit einem 10-Punkte-Plan will der ADAC das Vertrauen der Mitglieder und der Öffentlichkeit wiedergewinnen.

Das Reformprogramm umfasst folgenden Themenbereiche:
1. Selbstverständnis und Leitlinien
2. Leistungen und Produkte
3. Studien, Tests und Auszeichnungen
4. Mitgliederbeteiligung
5. Strukturen und Rechtsformen
6. Prozesse und Compliance
7. Führung und Mitarbeiter
8. Programmorganisation
9. Beirat
10. Sofortmaßnahmen


Gleichzeitig haben ADAC Verwaltungsrat und Präsidium folgende Sofortmaßnahmen beschlossen:

Ab sofort gibt es für Pannenhelfer keinen Bonus für den Verkauf von Batterien mehr. Gemeinsam mit dem Betriebsrat werden nun Gespräche geführt, um sicherzustellen, dass die Straßenwachtfahrer durch diese Neuregelung wirtschaftlich nicht schlechter gestellt werden.
Die ADAC Hubschrauber werden ab sofort ausnahmslos im Rahmen der Rettungshilfe eingesetzt.
Ab sofort finden keine ADAC Tests ohne doppelte Qualitätskontrolle mehr statt.

Dazu kommt die Berufung der renommierten Rechtsanwaltskanzlei Freshfields, die sämtliche Compliance-Regelungen des ADAC überprüfen und ein umfassendes, deutlich erweitertes Compliance-System entwickeln wird. Die Spezialisten von Freshfields, eine der weltweit führenden Kanzleien für Compliance-Strukturen, werden sich sowohl mit der ADAC Zentrale als auch den 18 Regionalclubs befassen. Ebenso soll die Funktion des Chief Compliance Officers (CCO) im ADAC eingeführt werden. Der CCO achtet künftig auf die Einhaltung von Verhaltensrichtlinien und deckt eventuelle Verstöße auf.

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