Frisches Geld zur Rettung des Euro: Deutsche überstimmt

Mario Draghi lächelt vor dem Hintergrund des Euro-Symbols.
Die EZB kauft unbegrenzt Staatsanleihen. Aber nur, wenn das betreffende Land Hilfe beim Rettungsfonds beantragt.

In Italien und Spanien brennt der Hut. Die Nummer 3 und die Nummer 4 der Euro-Volkswirtschaften fahren zwar strikte Sparkurse. Einen Teil der Einsparungen müssen sie aber für relativ hohe Zinsen ausgeben, wenn sie neue Staatsanleihen verkaufen. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse also als Krisenfeuerwehr ausrücken, heißt es nicht nur in den beiden Südländern. Das erhoffte Löschwasser: Die EZB kauft wieder Staatsanleihen von Krisenländern auf und drückt so deren Zinsniveau nach unten.

EZB-Chef Mario Draghi übernimmt auch tatsächlich das Steuer des Löschzugs, stellt dabei allerdings Bedingungen. Bei der EZB-Ratssitzung am Donnerstag wurde beschlossen, dass die Währungshüter Anleihen von Krisenstaaten in unbegrenzter Höhe aufkaufen werden. Aber nur dann, wenn sich die betreffenden Staaten den Kontrollen der Rettungsschirme EFSF bzw. künftig ESM unterwerfen.

Konkret: Draghi sieht es als notwendige Bedingung an, dass ein Staat zuerst Hilfen aus dem Rettungsfonds beantragt. Erst dann könne auch die EZB aktiv werden – "allerdings nicht automatisch", wie Draghi betont.

Den Anlegern war diese Einschränkung allerdings egal: Sie griffen nach der EZB-Sitzung bei Aktien, vor allem bei Banktiteln, zu. Die Kursniveaus in Europa zogen um bis zu 4,9 Prozent an.

Von Mai 2010 bis zum heurigen Frühjahr hatte die EZB bereits Anleihen im Volumen von 225 Milliarden Euro gekauft. Da mittlerweile einige ausgelaufen sind, hat sie jetzt noch Papiere für rund 217 Milliarden in ihren Büchern. Bedingungen gab es damals keine.

Der Beschluss, erneut Geld in die Hand zu nehmen, um klammen Staaten zu helfen, fiel nicht einstimmig – es gab eine Gegenstimme. "Wir werden nicht sagen, wer dagegen war. Sie können darüber spekulieren", sagte Draghi im Anschluss an die Ratssitzung.

Viel Spekulieren muss man da allerdings nicht. Vor allem für Deutschland ist dieses Intervenieren der EZB Teufelswerk. Unerlaubte Staatsfinanzierung, die noch dazu Reformdruck von den Schuldenländern nehme, so bezeichnet Jens Weidmann, Chef der Deutschen Bundesbank, den Aufkauf von Staatspapieren.

Von Kritikern des Kaufprogramms wurde angeführt, dass dieses Vorgehen die Inflation anheizen könnte. Draghi hielt am Donnerstag dagegen: Die EZB werde dafür sorgen, dass die eingesetzte Liquidität auch wieder abgezogen werde.

Leitzins

Den Leitzinssatz für die Eurozone beließ die EZB beim Rekordtief von 0,75 Prozent. Reaktion von Analysten: Spanien wäre damit auch nicht zu retten.

Die Aussichten für die Krisenländer, die unter den Rettungsschirm EFSF geschlüpft sind, sieht Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International, sehr unterschiedlich. Irland sei auf einem sehr guten Weg und werde ab 2013 ohne Rettungsschirm auskommen können. Portugal dagegen werde dagegen mehr als die zugesagten 78 Milliarden Euro brauchen. Griechenland sei ein Sonderfall. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Land auch nächstes Jahr noch den Euro hat, schätzt Brezinschek mit höchstens 50 Prozent ein.

Nachgefragt

Christian Keuschnigg, Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), sagt im Gespräch mit dem KURIER über

die Anleihenkäufe der EZB... Es gibt wenige Alternativen, um eine Eskalation zu vermeiden. Neben einem weiteren Schuldenschnitt oder mehr Kapital für den ESM  ist das eine Alternative. Damit können die Renditen der Staatsanleihen von Schuldenländern auf vier bis maximal fünf Prozent gedrückt werden. Allerdings nur dann dauerhaft, wenn die Länder ihre Probleme an der Wurzel lösen.

über die Glaubwürdigkeit der EZB... Auf der EZB lastet großer Druck, da andere Institutionen nicht funktionieren. Im Vergleich zu früheren Anleihenkäufen sind die künftigen an Sparauflagen gebunden. Weder darf die EZB in diesem Punkt nachgeben noch dürfen die Länder ihre Versprechen brechen. Das ist ja schon bei den Maastricht-Kriterien passiert und hat den Verlust der Glaubwürdigkeit zur Folge gehabt.

die Bedeutung der Anleihenkäufe... Damit ist ein wichtiger Schritt getan. Wenn  zudem auch die deutschen Verfassungsrichter dem ESM zustimmen, dann ist die krisenhafte Zuspitzung des Problems vielleicht vorbei. In den Schuldenländern wird aber noch ein Jahrzehnt oder länger die Sparpolitik im Vordergrund stehen. Auch Österreich muss die Verschuldung in den Griff kriegen.

die Gefahr einer steigenden Inflation... Die Angst ist nicht berechtigt, da die wirtschaftliche Gesamtentwicklung derzeit dagegen spricht...

Mehr zum Thema

  • Kommentar

  • Hintergrund

  • Reaktion

  • Hintergrund

Kommentare