EZB hebt Wachstumsprognose für Eurozone an, Zinsen bleiben stabil

EZB hebt Wachstumsprognose für Eurozone an, Zinsen bleiben stabil
Wachstum für heuer bei 1,2 Prozent gesehen. Inflation im Euroraum bleibt nahe der EZB-Zielmarke. Leitzinsen bleiben stabil bei 2,0 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) traut der Wirtschaft im Euroraum heuer etwas mehr Wachstum zu als noch vor drei Monaten. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in den 20 Ländern mit der Gemeinschaftswährung dürfte im laufenden Jahr nach jüngster EZB-Prognose um 1,2 Prozent zulegen. Im Juni hatte die Notenbank noch 0,9 Prozent Wachstum vorhergesagt.

Die Wirtschaft in der Eurozone erweist sich damit trotz der erhöhten US-Zölle robuster als erwartet. Mit dem Zollabkommen zwischen Brüssel und Washington ist das Schreckensszenario einer Eskalation im Handelsstreit mit Gegenzöllen und einem Schock für die Wirtschaft in Europa ausgeblieben.

Ihre Wachstumsprognosen für 2026 senkte die EZB leicht von 1,1 Prozent auf 1,0 Prozent, für 2027 erwartet die Notenbank unverändert 1,3 Prozent Plus. Für Auftrieb dürften die geplanten Verteidigungsausgaben in Europa in Milliardenhöhe sorgen.

Inflation nahe EZB-Zielmarke

Die Inflation im Euroraum wird nach neuester Einschätzung der Notenbank heuer mit 2,1 Prozent leicht über der Zielmarke von 2,0 Prozent liegen. Im Juni hatte die EZB noch eine Punktlandung vorhergesagt. Zuletzt hatte das Preisniveau zum Beispiel in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland wieder leicht angezogen.

Wichtigste Aufgabe der EZB ist es, für einen stabilen Euro zu sorgen und so die Kaufkraft der Menschen zu erhalten. Erreicht sieht die Zentralbank ihr Ziel stabiler Preise mittelfristig bei einer Teuerungsrate von 2,0 Prozent im Euroraum.

Für 2026 erwartet die EZB nun einen durchschnittlichen Anstieg der Verbraucherpreise im Währungsraum von 1,7 Prozent. Bisher war sie von 1,9 Prozent ausgegangen. Für 2027 sagt die Notenbank eine Jahresinflation von 1,9 Prozent voraus.

Leitzinsen bleiben unverändert

Die Währungshüter der EZB haben auf ihrer ersten Zinssitzung nach der Sommerpause wie im Juli die Füße stillgehalten. Die Euro-Wächter um Notenbankchefin Christine Lagarde legten am Donnerstag erneut eine Zinspause ein. Damit bleibt der Einlagesatz - das ist der Leitzins im Euroraum - bei 2,0 Prozent. Diesen Satz erhalten Finanzinstitute, wenn sie bei der Notenbank überschüssiges Geld parken. Über ihn steuert die EZB maßgeblich ihre Geldpolitik.

Volkswirte hatten mit dieser Entscheidung gerechnet. Ausblickend erklärte die Notenbank: "Der EZB-Rat legt sich nicht im Voraus auf einen bestimmten Zinspfad fest." Der Hauptrefinanzierungszinssatz bleibt bei 2,15 Prozent.

Die Inflation in der Eurozone lag im August bei 2,1 Prozent und damit leicht über der von der EZB angestrebten Zwei-Prozent-Marke, die sie als optimal erachtet. Im Juni und Juli war die Teuerungsrate genau auf dem Zielwert gelegen. Die Inflation, die noch im Herbst 2022 bei über zehn Prozent lag, ist damit vorerst eingedämmt. Auch die Inflationserwartungen an den Finanzmärkten lagen zuletzt nahe der EZB-Zielmarke. Allerdings halten es einige Währungshüter für möglich, dass die Teuerung im kommenden Jahr unter das Ziel der EZB sinken könnte.

Unsicherheitsfaktor Zölle

Sorgen bereitet der EZB, dass die Auswirkungen der von US-Präsident Donald Trump verhängten Zölle auf die Wirtschaft im Währungsraum noch nicht absehbar sind. Die Konjunktur hatte sich zwar bisher angesichts der Handelskonflikte als überraschend widerstandsfähig gezeigt. Aber das muss nicht so bleiben. Auch die Effekte des großen Wachstumspakets der deutschen Regierung sind noch nicht klar. All das spricht für Abwarten. Am Finanzmarkt wird mit großer Mehrheit davon ausgegangen, dass die EZB heuer an den Zinsen nicht mehr rütteln wird. Bis zum Juli 2026 wird die Wahrscheinlichkeit einer weiteren Zinssenkung auf etwa 50 Prozent taxiert.

Politische Krise in Frankreich im Blick

Darüber hinaus treibt die politische Krise in Frankreich, der nach Deutschland zweitgrößten Volkswirtschaft der Eurozone, die Währungshüter um. Die haushaltspolitischen Turbulenzen haben die Renditen französischer Staatsanleihen nach oben schießen lassen. Die Renditeaufschläge für zehnjährige französische Staatsanleihen haben gegenüber ihren deutschen Gegenstücken kräftig angezogen.

Die EZB verfügt zwar über Instrumente, um in Bedrängnis geratene Euro-Staaten mit Anleihenkäufen unter die Arme zu greifen. Dies setzt allerdings einen ungerechtfertigten und ungeordneten Anstieg der Renditen voraus - etwa infolge größerer Finanzmarktturbulenzen. Am Freitag steht eine mit Spannung erwartete Bonitätsüberprüfung des Landes durch die Ratingagentur Fitch an. 

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