EZB-Spitze bleibt in Männerhand
Nach monatelangem Gezerre haben die EU-Staats- und Regierungschefs den Luxemburger Yves Mersch in das Direktorium der Europäischen Zentralbank (EZB) berufen - trotz aller Proteste des EU-Parlaments. Mit dem 63-Jährigen zieht einer der Geburtshelfer der Euro-Währung in die Machtzentrale der Notenbank ein. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy teilte die Personalie während des EU-Gipfels in Brüssel mit.
Der Chef der Luxemburger Zentralbank musste eine Reihe von Hürden überwinden. Denn das EU-Parlament wollte eine Frau in der Chefetage - daher stimmten die Abgeordneten Ende Oktober mehrheitlich gegen Mersch. Das Parlament hat jedoch kein Veto-Recht, konnte die Ernennung also nicht verhindern.
Widerstand
Anfang November folgte die nächste Schlappe: Spanien sprach sich als einziges EU-Mitgliedsland gegen die Bestätigung des Kandidaten aus. Doch das reichte nicht aus, um den Einzug zu blockieren, weil nur eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Rat notwendig war. Spanien ging es dem Vernehmen nach bei seiner Blockade nicht darum, die Geschlechterparität voranzubringen, sondern um einen eigenen Kandidaten. So stand schon vor dem EU-Sondergipfel fest, dass Mersch definitiv in die EZB-Chefetage einzieht. Er folgt damit auf den Spanier José Manuel Gonzalez-Paramo, der bereits im Frühjahr turnusmäßig ausgeschieden war.
Das sechsköpfige Direktorium entscheidet zwar nicht über die Geldpolitik, bereitet die Sitzungen des EZB-Rats aber vor und führt die Notenbank im Tagesgeschäft. Anders als sein EZB-Ratskollege Jens Weidmann stützt Mersch das von Zentralbankchef Mario Draghi avisierte Programm zum Ankauf von Staatsanleihen von Ländern, die unter den Euro-Rettungsschirm schlüpfen. Es sei „ein gewaltiges Bollwerk gegen zerstörerische Szenarien an den Finanzmärkten“, sagte Mersch unlängst in Berlin. Weidmann sieht mit den geplanten Käufen hingegen die Grenze zur verbotenen Staatsfinanzierung verwischt.
Zusammensetzung
Neben dem Italiener
Draghi und Vizechef Vitor Constancio aus Portugal gehören dem Direktorium der Deutsche Jörg Asmussen und der Franzose Benoit Coeure an. Aus Belgien kommt EZB-Chefvolkswirt Peter Praet. Die Direktoriumsmitglieder werden für maximal acht Jahre bestellt. Letzte Frau in der Führungsspitze war die Österreicherin Gertrude Tumpel-Gugerell, die bis Mai 2011 amtierte.
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