EZB-Chef drückt bei Anleihenkäufen aufs Tempo

Mario Draghi scheint in seinem neuen Amt als EZB-Präsident keine Zeit verlieren zu wollen.

Der Italiener Mario Draghi hat erst vor wenigen Tagen das Amt des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB) übernommen. Zeit zum Eingewöhnen hat er sich keine gelassen. Vergangenen Donnerstag hat die EZB überraschend den Leitzins für die Eurozone von 1,5 auf 1,25 Prozent gesenkt. Bei der nächsten Zinssitzung im Dezember wird Draghi noch nachlegen: Wirtschaftsexperten gehen davon aus, dass der EZB-Zinssatz dann auf 1,00 Prozent gedrückt wird und dort im gesamten Jahr 2012 auch bleiben wird.

Und Draghi hat auch aufs Tempo gedrückt, was die Aufkäufe von Staatsanleihen schwer verschuldeter Euroländer betrifft. In der ersten Woche unter ihrem neuen Präsidenten hat die EZB Anleihen von Krisenländern im Wert von 9,5 Milliarden Euro erworben, teilte die EZB am Montag in Frankfurt mit. In der Woche zuvor waren es rund vier Milliarden Euro gewesen. Seit Mai 2010 hat die Zentralbank bereits Anleihen im Gesamtwert von 183 Milliarden Euro aufgekauft.

Aggressive Käufe

Der Hintergrund dafür: Mit diesen Interventionen sollen die Zinskosten für Problemländer wie Italien gedrückt werden. Auch am Mittwoch habe die EZB wieder aggressiv italienische Anleihen mit Laufzeiten von zwei und zehn Jahren gekauft, berichteten Anleihenhändler. Um den aktuellen Druck von Italien zu nehmen, müsste die Zentralbank aber zumindest fünf- bis sechsmal so viel Geld in die Hand nehmen, als sie es bisher getan hat, hieß es.

Die Anleihenkäufe haben der EZB massive Kritik eingebracht. Die deutschen Wirtschaftsweisen, eine Gruppe von Regierungsberatern, reihten sich am Mittwoch in die Schar der Kritiker ein. "Die Anleihenkäufe setzen die Marktdisziplin außer Kraft, ohne an deren Stelle eine wirksame politische Disziplinierung zu etablierten", mahnten die Wirtschaftswissenschafter in ihrem jüngsten Gutachten. Die Grenzen zwischen Geld- und Fiskalpolitik würden "auf ordnungspolitisch äußerst bedenkliche Art verwischt". Will
heißen: Die EZB ist dafür da, für die Stabilität des Euro-Geldwertes zu sorgen und mit ihrer Zinswaffe die Inflation im Zaum zu halten. Nicht zu ihren Aufgaben zählt es, als Krisenfeuerwehr durch die Eurozone zu brausen und durch Aufkäufe Anleihenkurse zu beeinflussen.

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