EZB bereitet Strafzinsen für Banken vor

Mario Draghi spricht vor dem Hintergrund der Europaflagge.
Im Kampf gegen die drohende Deflation erwägt die Europäische Zentralbank drastische Mittel.

Die Europäische Zentralbank (EZB) bereitet nach Reuters-Informationen für Juni eine Zinssenkung und weitere Maßnahmen gegen die unwillkommene Euro-Stärke und drohende Deflation vor.

Zusätzlich zu einer Senkung der Leitzinsen, die erstmals in der Geschichte der Währungsunion auch einen Strafzins für Banken beinhalten würde, wird der Einsatz spezieller komplexer Werkzeuge diskutiert, die den stockenden Kreditfluss zu klein- und mittelständischen Firmen vor allem in den besonders hart von der Krise betroffenen Ländern beleben sollen.

Denkbar ist einem Insider zufolge etwa eine zielgerichtete Liquiditätsspritze für die Banken, mit der sichergestellt werden soll, dass das frische Geld in Form von Krediten an die Wirtschaft weiter fließt. Es dürfe nicht bei den Banken bleiben oder etwa zum Kauf von Staatsanleihen von deren Heimatländern missbraucht werden - wie dies bei ähnlichen Geldspritzen 2011/12 der Fall war. Als eine andere Option werde ein Kaufprogramm der EZB für Kreditverbriefungen, sogenannte ABS-Papiere, erarbeitet, in denen Banken beispielsweise Kredite an Firmen oder auch Raten-, Auto- oder Studienkredite bündeln und weiterverkaufen.

Die EZB berät das nächste Mal am 5. Juni über ihren weiteren geldpolitischen Kurs. Präsident Mario Draghi hatte vergangene Woche deutlich gemacht, dass die Notenbanker zu weiteren Schritten bereit seien, sollten die im Juni anstehenden Prognosen der EZB-Ökonomen diese rechtfertigen.

Geld soll fließen, nicht parken

Verschiedene Euro-Banknoten, darunter 100-, 200- und 500-Euro-Scheine.
Neben dem Leitzins könnte dabei auch der Einlagesatz gekappt wird. Diesen bekommen Banken normalerweise immer dann gutgeschrieben, wenn sie überschüssiges Geld bei der Zentralbank parken. Er liegt seit November bei null Prozent. Senkt die EZB ihn unter null, würde sie den Banken de facto einen Strafzins aufbrummen, wenn diese Geld bei ihr anlegen. Das Kalkül der Notenbanker: Die Institute sollen wieder mehr Kredite vergeben, weil es sich nicht mehr lohnt, Geld bei der EZB zu halten. „Es wäre das erste Mal, dass eine bedeutende Zentralbank den Einlagezins negativ werden ließe. Das würde den Wechselkurs des Euro sicher bewegen“, sagte ein Informant.

Der Leitzins könnte beispielsweise von derzeit 0,25 Prozent auf 0,15 oder 0,1 Prozent sinken. Damit würde die EZB den Euro tendenziell für Anleger unattraktiver machen, weil sich Investments in der Euro-Zone dann niedriger verzinsen. Die vor allem durch Kapitalzuflüsse ausgelöste Verteuerung der Gemeinschaftswährung kommt den Zentralbankern ungelegen, weil sich so Importe verbilligen und das Preisniveau in der Euro-Zone weiter sinkt.

Die Teuerung liegt mit 0,7 Prozent für den Geschmack der EZB immer noch nahe an einer gefährlichen Abwärtsspirale von Preisen, Löhnen und Investitionen.

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