Exportschwäche: Tourismus rettet Österreichs Bilanz

Wie viel Geld fließt von Österreich ins Ausland ab? Wie viel kommt umgekehrt herein? Das bildet die sogenannte Leistungsbilanz ab. Unterm Strich steht in Österreich dabei traditionell ein Plus - ein gutes Zeichen für die Wettbewerbsstärke der heimischen Wirtschaft. Es heißt nämlich, dass im Austausch von Waren und Dienstleistungen, bei den Ausgaben von Urlaubern, den Zahlungsströmen von und mit Gastarbeitern sowie den staatlichen Zahlungen (EU-Beiträge, Zinsen) mehr hereinkommt, als hinausbezahlt wird.
Nationalbank warnt
Großes Aber: Die Entwicklung ist besorgniserregend, weil der Überschuss immer kleiner wird. 2014 hat sich der Leistungsbilanzüberschuss Österreichs von 3,1 auf 2,6 Mrd. Euro verringert. Nur die guten Tourismuszahlen retten noch das Plus in der Bilanz. Dafür ist das Minus im Güterhandel 2014 auf 2,3 Milliarden Euro angewachsen.

Sollte sich hier nichts ändern, könnte die Leistungsbilanz länger nicht in einen positiven Trend umschwenken, warnte Ittner am Freitag vor Journalisten. Der Technologiegehalt der Exporte sei zwar langfristig gesteigert worden, „aber das Innovations-Potenzial gehört weiter ausgeschöpft“.
Keine Ungleichgewichte
Positiv ist zu werten: Österreich sei nur eines von zehn EU-Ländern, das laut EU-Kommission keine Ungleichgewichte in der Leistungsbilanz aufweise - und auch die heimische Leistungsbilanz insgesamt werde von Brüssel „positiv eingestuft“, sagte Ittner. Angesichts der Marktanteilsverluste im Ausland sollten „aber die Strukturen im Außenhandel geprüft werden“, wobei freilich auch Deutschland Anteile einbüße. Profitieren könne unser Land im Außenhandel von Deutschland und Zentraleuropa und der „nach wie vor hohen Qualität unserer Produkte“.
Rekordzahl an Touristen
Dabei wurde ein noch stärkerer Rückgang - infolge des höheren Güterhandel-Defizits - nur durch mehr Reiseverkehrs-Einnahmen verhindert. Die Reiseverkehrsbilanz zeigte mit 7,4 Mrd. Euro die zweithöchsten je registrierten Nettoeinnahmen, aber leicht unter dem bisherigen Rekordjahr 2013. Und bei den Ankünften ausländischer Gäste gab es mit über 25 Mio. schon zum fünften Mal in Folge ein neues All-Time-High.
Für Gregor Hoch, Präsident der Österreichischen Hoteliervereinigung (ÖHV), kann die leichte Zunahme bei den Tourismus-Einnahmen aber „nicht über die steigenden Belastungen hinwegtäuschen“. Man dürfe nicht den Eindruck vermitteln, dass es den Betrieben blendend gehe, für Steuererhöhungen sei kein Spielraum, hieß es am Freitag dazu in einer ÖHV-Aussendung.
"Steuerreform rasch finalisieren"
Ittner erinnerte, dass Österreich an sich die Tradition einer ausgeglichenen Leistungsbilanz habe, und das sei „ein volkswirtschaftlich guter Zustand“. Firmen würden dann investieren, wenn sie sich der Rahmenbedingungen sicher seien. Steuern seien ein Teil davon, deshalb sollte die Steuerreform „rasch finalisiert“ werden, regte der Vize-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) an.
An Waren exportierten die heimischen Unternehmen 2014 in Summe 123,7 Mrd. Euro, nur ein schwaches Plus von einem halben Prozent gegenüber dem rückläufigen Jahr davor. Mit 37 1/2 Prozent fiel die Exportquote auf das Niveau von 2010 zurück. Das zweite Jahr in Folge schrumpften die Güterausfuhren in Drittstaaten, während durch entsprechende Exporte in den EU-Raum die Einbußen von 2013 wieder wettgemacht wurden.
China auf elf, Russland fällt aus Top10
29,9 Prozent der Güterexporte gingen nach Deutschland, dagegen verlor wegen der Krise das zweitplatzierte Italien als Zielmarkt mit 6,4 Prozent Anteil, im Gegenzug holten die USA als Dritter auf 5,6 Prozent auf, erläuterte Johannes Turner, Direktor der OeNB-Hauptabteilung Statistik. China stieg mit 2,6 Prozent Anteil auf Rang 11 auf, Russland fiel mit 2,3 Prozent von den Top-10 auf Platz 12 zurück.
Bei den Güterimporten (126,1 Mrd. Euro) kamen 38,0 Prozent aus Deutschland, 6,2 Prozent aus Italien und 5,0 Prozent aus China, womit die Volksrepublik drittwichtigster Güterlieferant Österreichs ist, vor Tschechien, Schweiz und Ungarn. Die „aktuellen geopolitischen Spannungen“ und der niedrige Ölpreis schlugen in rückläufigen Einfuhren aus Russland zu Buche - im Vergleich zu den Ausfuhren sanken die Einfuhren von dort laut OeNB um rund das Dreifache.
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