Europa wird zur Börsengroßmacht
Boom in Europa, Flaute in den USA: So sieht die Bilanz der Börsengänge (IPO) im ersten Quartal 2015 aus. Weltweit ging ihre Zahl gemäß einer Erhebung des Beratungsunternehmens EY um 4 Prozent von 262 auf 252 zurück. Das Emissionsvolumen ging sogar um 19 Prozent von 47,2 auf 38,2 Milliarden Dollar (34,78 Milliarden Euro) zurück.
Grund dafür ist vor allem die starke Abkühlung der IPO-Märkte in den USA und in Asien. Die Emissionsvolumen in diesen Regionen gingen um 53 respektive 12 Prozent zurück. "Im ersten Quartal 2015 hat der US-Markt eine Pause eingelegt, um sich nach dem erfolgreichsten Jahr seit 2000 etwas zu erholen", sagt Roger Müller, Partner bei EY Schweiz.
Europa dagegen erlebte einen Aufschwung. Das Emissionsvolumen erhöhte sich in der Region EMEIA (Europa, Mittlere Osten, Indien und Afrika) um 9 Prozent. Mit 16,3 Milliarden Dollar setzte sich Europa auch weltweit an die Spitze, gefolgt von Asien mit 15,9 und den USA mit 5,6 Milliarden Dollar.
Spanien mit weltweit größtem Börsengang
Die Eurozone hat laut EY von einer anziehenden Konjunktur und dem niedrigen Eurokurs profitiert. Die schwache Währung habe Europa insbesondere für angelsächsische Investoren attraktiv gemacht. Zudem sei der Nachholbedarf in der Eurozone nach der Schulden- und Konjunkturkrise besonders groß. In Europa fand auch der größte Börsengang im ersten Quartal statt. Die Privatisierung des Madrider Flughafenbetreibers Aena brachte insgesamt 4,8 Milliarden Dollar ein. Auf den Plätzen folgen der Energieanbieter 1MDB Energy aus Malaysia (3 Milliarden US-Dollar) und das Schweizer Telekomunternehmen Sunrise (2,46 Milliarden US-Dollar). Für die Schweiz war das der größte Börsengang seit zehn Jahren.
Gemessen an der Zahl der Erstnotierungen lagen im ersten Quartal die beiden chinesischen Börsen in Shanghai und Shenzhen mit jeweils 35 an der Spitze, gefolgt von der US-amerikanischen Nasdaq mit 25 IPOs. Innerhalb Europas liegt die Londoner Börse mit 17 Börsengängen an der Spitze.
Steuerreform als Bremse in Wien?
In Österreich geht das Warten auf den ersten Börsengang des Jahres weiter. Gerhard Schwartz: von EY „Nachdem im letzten Jahr erstmals seit 2007 wieder zumindest drei Unternehmen den Gang an die Börse gewagt haben, war der Optimismus groß, dass 2015 ein starkes IPO-Jahr wird. Die wirtschaftlichen Vorzeichen dafür sind eigentlich gut.“ Für 2015 seien aus heutiger Sicht dennoch nur wenige Börsengänge zu erwarten: „Die Steuerreform kann zum großen Spielverderber für Börsengänge werden. Die Anhebung der Kapitalertragssteuer, die auch für alle Aktien und Investmentfondsanteile gilt, wird den Börsenplatz Wien besonders treffen. Unter diesen Voraussetzungen verliert ein Börsengang in Österreich an Attraktivität“, so EY-Partner Schwartz.
Kommentare