Weg für EZB-Bankenaufsicht geebnet

Das Europaparlament hat am Donnerstag grünes Licht für eine gemeinsame Bankenaufsicht gegeben. Die Abgeordneten stimmten in Straßburg für die Errichtung einer neuen Aufsichtsbehörde unter dem Dach der Europäischen Zentralbank ( EZB). Das sogenannte "Supervisory Board" soll nach Angaben der EZB in einem Jahr einsatzbereit sein und die Kontrolle der rund 130 wichtigsten Banken in der Euro-Zone übernehmen.
Damit soll mehr als drei Jahre nach der Verschärfung der Euro-Schuldenkrise künftig verhindert werden, dass marode Banken den ganzen Währungsraum in Schieflage bringen können.
Parlament und Notenbank hatten sich am Dienstagabend darüber geeinigt, wie die EZB die Abgeordneten künftig über ihre Entscheidungen informiert. Das war der Streitpunkt, der die Einführung einer gemeinsamen Bankenaufsicht in Europa zu verzögern drohte. Die gemeinsame Aufsicht ist lediglich der erste Schritt hin zu einer gemeinsamen Kontrolle des Bankensektors.
Umstritten ist weiter die Frage, wer letztlich über die Abwicklung einer maroden Bank entscheidet. Auch die Frage einer einheitlichen Sicherung der Kundeneinlagen in Europa ist noch lange nicht geklärt. Beim informellen Treffen der EU-Finanzminister und Notenbankchefs am Freitag und Samstag in Litauen wird die Bankenunion ebenfalls Thema sein. Entscheidungen stehen aber nicht auf der Tagesordnung.
Funktionsweise: Die zentrale
Bankenaufsicht ist Teil der angestrebten Bankenunion in
Europa. Zu ihr sollen auch ein Abwicklungsmechanismus, einheitliche Kapitalregeln und Einlagensicherungssysteme gehören. Im kommenden Jahr übernimmt die
Europäische Zentralbank (
EZB) wichtige Aufsichtsaufgaben und -befugnisse: Ab Herbst 2014 soll sie die etwa 130 wichtigsten Banken der
Eurozone direkt selbst beaufsichtigen, so die
EZB. Weniger bedeutende Institute bleiben in der Regel unter nationaler Aufsicht.
Die
EZB soll für Institute mit einer Bilanzsumme von mehr als 30 Milliarden Euro oder mehr als 20 Prozent der Wirtschaftsleistung eines Landes zuständig sein. Unabhängig davon beaufsichtigt die Notenbank zumindest die drei bedeutendsten Institute eines teilnehmenden Staates. Ferner soll die
EZB Institute kontrollieren, die vom Euro-Rettungsfonds direkt gestützt werden. Die Trennung von Geldpolitik und
Bankenaufsicht soll durch ein neues Gremium in der
EZB sichergestellt werden.
Die Erste Group, die Raiffeisen Zentralbank, die BAWAG-PSK, die Volksbanken-Gruppe, die Hypo Alpe Adria sowie die Raiffeisenlandesbanken aus Ober- und Niederösterreich. Als UniCredit-Tochter ist zudem die Bank Austria mit von der Partie. Die US-Ratingagentur Fitch hat Berechnungen angestellt, welche Geldinstitute ab Herbst 2014 von der Europäischen Zentralbank beaufsichtigt werden. Aus Österreich erwartet Fitch acht Banken, liegen diese doch über der Schwelle von 30 Mrd. Euro Bilanzsumme. Alle genannten Institute wurden von der nationalen Aufsicht schon bisher als voraussichtliche Kandidaten genannt.
Deutschland
In Deutschland wird die EZB laut Fitch 70 Prozent des deutschen Bankensystems unter ihre Aufsicht bekommen und die deutsche Finanzaufsicht BaFin als primären Aufseher ablösen. Hier liegen 18 deutsche Institute und fünf deutsche Töchter ausländischer Großbanken über der 30 Mrd. Euro Bilanz-Schwelle. Aus Deutschland stehen der Fitch-Studie zufolge künftig die Deutsche Bank und die Commerzbank, die genossenschaftliche Spitzeninstitute DZ Bank und WGZ Bank sowie die sechs großen Landesbanken unter EZB-Aufsicht. Dazu kommen der Fondsdienstleister Dekabank, die Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate, Aareal Bank, Münchener Hyp und Wüstenrot, die Hamburger Sparkasse, der Autofinanzierer Volkswagen Bank und die Deutsche Apotheker- und Ärztebank. Indirekt - über ihre Mütter - unterstehen der EZB auch die HypoVereinsbank/HVB, die Direktbank ING-DiBa, die Dexia Kommunalbank, die Santander Consumer Bank und die deutsche SEB-Tochter. Die IKB dagegen liege schon unter den 30 Milliarden.
40 Prozent des Privatkundengeschäfts deutscher Banken blieben damit Sache der BaFin. Es sei nicht zu erwarten, dass die deutschen Sparkassen in der "Bankenunion" als ein Großkonzern angesehen würden, geschweige denn als ein Konglomerat zusammen mit den Landesbanken, erklärte Fitch. Gleiches gelte für die deutschen Volks- und Raiffeisenbanken.
Deutschland wäre damit das Land in Europa mit den meisten von der EZB beaufsichtigten Banken. Die Zentralbank hätte damit insgesamt Einblick in Institute mit einer Bilanzsumme von 5,56 Billionen Euro. Größer ist der Zugriff der EZB nur in Frankreich, wo die zehn größten Banken auf zusammen 7,8 Billionen Euro Bilanzsumme kommen. Damit beaufsichtigt die EZB dort mehr als 90 Prozent des Bankensystems.
Noch größer ist die Konzentration nur in Irland und Belgien, hinter Deutschland liegen nur Slowenien, Italien, Malta und Lettland.
Insgesamt sollen rund 130 Banken künftig von der EZB überwacht werden, um eine einheitliche Aufsicht in der Euro-Zone zu erreichen.
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