EU-Kanada-Pakt CETA: Nachverhandlung gefordert

Sigmar Gabriel gestikuliert mit erhobenem Zeigefinger.
Deutscher Vizekanzler Sigmar Gabriel will den fertig ausverhandelten Pakt neu aufschnüren.

Es droht eine Feier mit Misstönen: Beim EU-Kanada-Gipfel in Ottawa am 26. September wollten die beiden Wirtschaftsräume den Abschluss ihres Handelsabkommens begießen. Seit Mai 2009 wurde um CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) gerungen; der rund 1500 Seiten starke Freihandelspakt soll Zölle und andere Hemmnisse fast zur Gänze abbauen. Nach Vorstellung der EU-Kommission würde das die Wirtschaftsleistung im EU-Raum um bis zu 11,6 Mrd. EUR pro Jahr erhöhen. Just zum formellen Abschluss des Dokuments formiert sich aber Widerstand in den EU-Ländern.

Zankapfel Investitionsschutz

So fordert Deutschlands Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel Nachverhandlungen: Die Bundesregierung habe bereits am 12. September schriftlich in Brüssel deponiert, dass sie den geplanten Investorenschutzklauseln in den Abkommen mit Kanada (CETA) und den USA (TTIP) nicht zustimmen könne, betonte der SPD-Chef am Donnerstag im Bundestag. Besonders kritisch gesehen werden die als Investitionsschutz vorgesehenen außergerichtlichen Schiedsverfahren. Vizekanzler Gabriel hält das zwischen demokratischen Rechtsstaaten für überflüssig. Er will CETA aber nicht am Investitionsschutz scheitern lassen: „Er ist viel zu unbedeutend, als dass wir deshalb das gesamte Abkommen jetzt schon in den Orkus werfen sollten.“ Millionen Arbeitnehmer in deutscher Industrie und Dienstleistungsbranche seien auf einen freien Welthandel angewiesen. Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) steht klar hinter CETA.

De Gucht "auf Weg in die Rente"

Ein Mann vor der Flagge der Europäischen Union.
Karel De Gucht: Der Handelskommissar beharrt auf der umstrittenen Investitionsschutzklausel.
Die noch amtierende EU-Kommission will von Nachverhandlungen allerdings nichts wissen. „Wenn wir die Verhandlungen neu eröffnen, ist das Abkommen tot“, sagte Handelskommissar Karel De Gucht( Bild) zur Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Gabriel zeigte sich von den Warnungen des scheidenden Kommissars unbeeindruckt: „Der ist auf dem Weg in die Rente.“ Umstritten zwischen Brüssel und Berlin ist allerdings noch, ob der Vertrag überhaupt die Zustimmung des deutschen Bundestags und der übrigen 27 nationalen Parlamente braucht - oder ob ein Ja von EU-Parlament und Rat ausreicht. So ist völlig unklar, wann das Kanada-Abkommen in Kraft treten wird.

Nationalrat fordert Transparenz

Der österreichische Nationalrat nahm am Mittwochabend einen Entschließungsantrag von SPÖ und ÖVP an. In diesem wird Transparenz in den Verhandlungen und die Ratifizierung durch die nationalen Parlamente gefordert. Grüne und NEOS stimmten ebenfalls dafür. Auch gegen die viel kritisierten Investorenschutzklauseln bzw. Sonderklagsrechte von Konzernen gegen Staaten spricht sich der Antrag aus, wenn auch nicht sehr vehement. „Die Sinnhaftigkeit der Aufnahme von ISDS-Klauseln (Investor-State-Dispute-Settlement, Anm.) bei Abkommen mit Staaten mit entwickelten Rechtssystemen (z. B. USA und Kanada) ist aus heutiger Sicht nicht erkennbar“, heißt es zu diesem Thema.

Die Bundesregierung solle sich laut Antrag für die Stärkung der Transparenz der Verhandlungen einzusetzen. Zusätzlich wird sie aufgefordert, „weiterhin für die Aufnahme der Verpflichtung zur Einhaltung hoher sozialer, datenschutzrechtlicher und ökologischer Mindeststandards einzutreten und eine Absenkung europäischer Standards zu verhindern“. Bezüglich der Verhandlungen mit Kanada wird es (in der Antragsbegründung) als unverständlich bezeichnet, dass die EU-Kommission bereits das Ende der Verhandlungen mit Kanada bekannt geben will. Dies sei verfrüht. Vor einer rechtlich verbindlichen Unterzeichnung durch die EU müsse die geäußerte Kritik jedenfalls ausreichend berücksichtigt und wo notwendig auch noch Änderungen am Vertragstext vorgenommen werden.

"Panikmache" mit Chlorhuhn

Ein Mann im Anzug blickt nach oben.
APA19989074-2_26082014 - WIEN - ÖSTERREICH: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner am Dienstag, 26. August 2014, nach der Sitzung des ÖVP-Parteivorstandes in der Parteizentrale in Wien. Reinhold Mitterlehner wird der neue ÖVP Obmann. FOTO: APA/HERBERT NEUBAUER
Zuvor hatte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner( Bild)in der Debatte die großen Transatlantik-Abkommen CETA und TTIP verteidigt. Der Opposition warf er „Panikmache“ vor, die nicht der Aufklärung, sondern dem Wechseln von politischem Kleingeld diene. Die viel zitierten „Chlorhühner“ gebe es gar nicht - das stimmt zumindest bei CETA, wo Hühner und Geflügel tatsächlich ausgeklammert werden. Kanada sei ein Industriestaat, der über hohe Standards verfüge - eine Aufweichung europäischer Standards lehne er jedenfalls ab. Bezüglich der Sonderklagsrechte, die von den nordamerikanischen Partnerstaaten gefordert werden, meinte der Vizekanzler, dass hier wohl noch über Ausmaß und Mechanismen zu reden sein werde.

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