EU: Irische Steuerregelung für Apple illegal

Ein Mann fotografiert mit seinem Smartphone das Apple-Logo an einem Gebäude.
Die Behandlung von Apple in Irland stelle eine illegale Staatshilfe dar, meint die EU. Dem Konzern drohen Strafzahlungen in Milliardenhöhe.

Die EU-Kommission will zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Brüssel ist ein Dorn im Auge, dass Konzerne wie der US-Technologieriese Apple kaum Unternehmenssteuern zahlen. Zugleich steht Irland am Pranger, weil es mit seinen niedrigen Steuersätzen von 12,5 Prozent anderen EU-Ländern Konzernzentralen abjagt. Das Problem: Die Steuerregelungen sind Ländersache, darauf hat die EU-Kommission keinen Einfluss.

Die Brüsseler Beamten haben aber einen Weg gefunden, wie sie eingreifen können: das Wettbewerbsrecht. „Wir untersuchen Fälle von Staatshilfe, wenn wir Zweifel über die Befolgung der EU-Regeln für Staatshilfe haben“, sagte der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissar Joaquín Almunia am Montag. Er bekräftigte „Zweifel“ an der Rechtmäßigkeit des Apple-Steuersparmodells in Irland. Es gebe Bedenken, dass dem Konzern eine Vorzugsbehandlung gegenüber anderen Firmen gewährt worden sei.

Der Sprecher verwies auf eine im Juni getroffene Entscheidung, ein Wettbewerbsverfahren wegen der Besteuerung multinationaler Konzerne gegen Irland einzuleiten. Die Financial Times berichtete, die EU-Kommission wolle das Steuersparmodell als illegale Staatshilfe einstufen. „Wir untersuchen den Fall weiter“, sagte Almunias Sprecher. Die EU-Kommission will am Dienstag einen Bericht zu dem eingeleiteten Verfahren veröffentlichen. Schlussfolgerungen gebe es darin noch nicht. Wie lange die Untersuchung dauern wird, sei nicht absehbar.

Apple soll gar weniger als zwei Prozent an Steuern bezahlt haben. Irland weist Vorwürfe zurück, wonach dem iPhone-Hersteller besondere steuerliche Konditionen gewährt worden seien. Das im Juni eingeleitete Wettbewerbsverfahren betrifft auch die Niederlande, wo die US-Kaffeehauskette Starbucks ihren Sitz hat.

Kevin Heraty schaut auf die Verkaufszahlen des heurigen Jahres und lächelt zufrieden. "Wir haben 30 Prozent mehr Autos an den Mann gebracht als im Vergleichszeitraum des Vorjahres", sagt der Mitarbeiter von Des D’Arcy Motors in Norddublin. "Luxusmodelle wie die Mercedes S-Klasse und Range Rover gehen heuer besonders gut." Heraty hat sechs harte berufliche Jahre hinter sich. Als die irische Wirtschaft 2008 in eine tiefe Krise stürzte, gingen die Autoverkäufe massiv zurück. Sein Gehalt sei in den folgenden Jahren um 70 Prozent gefallen. "Wir haben als Familie hart sparen müssen. Doch jetzt geht es wieder aufwärts."

Ein Mann mit Brille und Krawatte steht vor einer Reihe geparkter Autos.
Kevin Heraty
Die Autoindustrie ist nur eine von vielen, die vonIrlandsrasanter Erholung profitiert. Die Wirtschaft wird heuer um mindestens 4,5 Prozent wachsen. Einen ähnlich guten Wert kann in der Eurozone sonst nur Lettland vorweisen. Die Prognosen wurden in den vergangenen Wochen laufend nach oben korrigiert. Dabei war Irland eines jener Länder, die von der Eurokrisebesonders hart getroffen wurden (siehe unten).

Immobilienmakler Joseph Morton aus dem Dubliner Vorort Swords spürt den Aufschwung ebenfalls. Nach dem Platzen einer riesigen Immobilienblase waren die Hauspreise nach 2008 landesweit um mehr als die Hälfte gefallen. Der Markt brach völlig zusammen. "Wir haben danach fast nichts verkauft", erklärt Morton. "Es dauerte im Schnitt neun Monate, bis ein Haus, das auf den Markt kam, einen Abnehmer fand."

Ende vergangenen Jahres kam der Umschwung, die Nachfrage zog an, die Hauspreise begannen wieder zu steigen. "Jetzt dauert es im Schnitt einen Monat, bis ein Haus verkauft ist." Die Krise hatte Mortons Familienbetrieb fast in den Ruin getrieben. "Wir mussten private Reserven anzapfen."

Eine lächelnde Frau mit braunen Haaren und einer lila Strickjacke steht im Freien.
Pamela Mahon
Die Hauspreise in Dublin sind seit Anfang des Jahres um 24 Prozent gestiegen. Das schürt Ängste vor einer neuen Blase – und setzt jene unter Druck, die sich wie die 29-jährige Pamela Mahon ein Eigenheim zulegen wollen. "Die Preissteigerungen sind beängstigend. Mein Mann und ich suchen seit Monaten ein Haus. Jeden Tag steigen die Preise um ein paar Tausend Euro." Die Journalistin hat einen Job bei einer Online-Plattform. Der Berufseinstieg mitten in der Krise war für sie wie für die meisten jungen Iren äußerst schwierig. "Ich musste monatelang als unbezahlte Praktikantin arbeiten, ohne wirkliche Perspektive." Ihr Mann hatte als Volksschullehrer zwar einen sicheren Job, sein Gehalt wurde in der Krise jedoch um rund 10 Prozent gekürzt.

Keltischer Phönix

Mahon hofft, dass dem derzeitigen Boom kein großer Crash, ähnlich jenem von 2008, folgt. Vor dem damaligen Kollaps war die irische Wirtschaft 20 Jahre lang stark gewachsen. Das brachte dem Land die Bezeichnung "Keltischer Tiger" ein. Nun sprechen Kommentatoren gerne vom "Keltischen Phönix". Autoverkäufer Kevin Heraty schüttelt den Kopf. "Keltischer Phönix? Das ist verrückt. Da fragt man sich, ob wir aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt haben."

Irlands Finanzminister Michael Noonan ist ebenfalls bemüht, trotz des Booms keine allzu große Euphorie aufkommen zu lassen. Die Regierung muss im kommenden Monat das Budget für 2015 beschließen. Es wird das erste seit sechs Jahren sein, in dem es keine neuen Einschnitte und Steuererhöhungen gibt. Geschenke könnten aber keine verteilt werden, mahnt Noonan. "Wir haben einen großen Schuldenberg. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir eine Reihe von Altlasten aus der Krise haben."

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