Erfolgsmodell, das in der Midlife-Crisis steckt

Ein Mann mit Brille und Hemd schaut in die Kamera.
Die EU muss mit den Nachbarn kooperieren, fordert WIFO-Chef Karl Aiginger.

Das Wirtschaftswachstum von voraussichtlich 0,6 Prozent, das Österreich heuer schafft, schaut zwar auf den ersten Blick sehr mager aus. Trotzdem ist es um vieles besser als die Entwicklung in der Eurozone, die mit einem Minus von 0,4 Prozent in der Rezession steckt. Die heimische Wirtschaft ist mittlerweile das zwölfte Jahr in Folge besser als der Euroland-Durchschnitt unterwegs. „Österreich hat sich einen Eintrag ins Guinness Buch der Rekorde verdient“, meint Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO).

Nächstes Jahr wird sich Österreich erneut besser schlagen. Laut WIFO-Prognose wird es ein Wachstum von 1,0 Prozent geben. „Das ist aber nur zu schaffen, wenn die Unternehmen wieder mehr investieren und der Optimismus zurückkommt“, warnte Aiginger bei einem „Experten-Talk“ der RLB NÖ-Wien.

Die EU sieht Aiginger als „Erfolgsmodell, das allerdings in der Midlife-Crisis steckt“. Die Fantasien, aus dem Euroraum eine Kernzone aus Deutschland, Frankreich, Österreich, Finnland und Luxemburg zu machen, sollten ganz schnell begraben werden, fordert der Wirtschaftsforscher. Vielmehr sollte die EU danach trachten,

Partnerschaften mit Ländern in Osteuropa, am Balkan und in Nordafrika einzugehen. Die EU hätte es gemeinsam mit dieser „erweiterten Nachbarschaft“ in den vergangenen Jahren auf ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 2,6 Prozent gebracht. Das wäre sogar besser als die US-Entwicklung gewesen.
„Der Euro bleibt erhalten, die Welt will ihn“, ist Aiginger überzeugt. Kein Land werde austreten, 2020 werde die Eurozone „ein paar mehr Mitglieder haben“.

Tim Geißler, Leiter der Treasury-Abteilung und damit oberster Schatzmeister der RLB NÖ-Wien, sagt dem Euroraum für die nächsten Jahre japanische Verhältnisse voraus. Das heißt, dass die Zinsen noch lange im Keller bleiben. Die Europäische Zentralbank wird den Leitzins auf 0,5 Prozent senken. Mit sicheren Staatsanleihen wird auch weiterhin nicht einmal die Inflationsrate abgedeckt werden können. Für Anleger, die Alternativen suchen, hat Geißler drei Tipps parat: Wein („2011 war einer der besten Jahrgänge“), Immobilien und Gold.

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