Erdgaslager bringt Spaniens Ostküste zum Beben

Eine Ölplattform und ein Schiff sind auf dem Meer zu sehen.
Jahrezehntelang war es ruhig. Nun erschütterten über 300 Beben die Mittelmeerküste - von Menschenhand verursacht.

Ein Zittern, ein Vibrieren, bellende Hunde. "Wenn auf einmal die Möbel sich bewegen, bekommt man es mit der Angst zu tun", schilderte eine Bewohnerin der ostspanischen Kleinstadt Sant Carles de la Ràpita spanischen Medien.

Das Beben, kein Einzelfall. In den vergangenen Wochen wurden an der spanischen Mittelmeerküste weit über 300 Erdbeben registriert, eines sogar mit einer Stärke von 4,2. Sie waren teils in Städten wie Barcelona, Tarragona oder Castellon zu spüren.

Stutzig machte allerdings ein Umstand: In dem Gebiet an der Mittelmeerküste zwischen den Städten Amposta und Castellón hatte es seit Jahrzehnten keine nennenswerten Beben gegeben.

Eine Karte der Region um Tarragona in Spanien.

Nun scheint klar zu sein: Die Erschütterungen werden nicht etwa durch Plattenverschiebungen verursacht - sie haben menschlichen Ursprung. Als Auslöser gilt die Anlage eines riesigen unterirdischen Erdgaslagers vor der Küste Ostspaniens, daran haben Experten keine Zweifel mehr. Bisher entstanden keine Schäden, aber in der Bevölkerung macht sich Angst breit.

Die Erdstöße setzten erstmals ein, als die Betreiberfirma Escal UGS Anfang September damit begann, Erdgas in ein früheres Erdölreservoir zu pumpen, die jetzt als Gaslager dienen soll.

Denn rund 20 Kilometer vor der Küste entsteht in einer ehemaligen Erdöl-Lagerstätte das größte unterirdische Erdgaslager Spaniens. In der vorigen Woche ordnete das Industrieministerium an, das Einpumpen von Erdgas vorerst zu stoppen.

1,2 Mrd. Euro teures Projekt

Bei dem 1,2 Milliarden Euro teuren Projekt wird Erdgas von einer Plattform im Mittelmeer mit hohem Druck in die ehemalige Öllagerstätte gepumpt. Das Gas verdrängt das Wasser, das an den Ort des vor Jahrzehnten geförderten Erdöls nachgeflossen war. Das Gaslager soll Spanien, das fast seinen gesamten Bedarf importieren muss, von den Schwankungen des Weltmarkts unabhängiger machen.

Beim Einpumpen des Erdgases hielt das Gestein, das die Lagerstätte umschließt, anscheinend dem Druck nicht stand und brach weg oder verrutschte.

Gutachten ohne seismologische Prüfung

Vor der Genehmigung des Projekts hatte man alle möglichen Risiken untersucht. In einem Gutachten wurde sogar festgestellt, dass das Rauschen in den Gasleitungen das Gehör von Schildkröten und Fischen nicht beeinträchtigen werde.

Ein Mann mit Bart und Brille sitzt an einem Tisch mit einem Mikrofon.
epa03841470 Spanish Agriculture, Food and Environmental Minister Miguel Arias Canete appears before a commission in Spain's Lower House of Parliament to explain bunkering in the waters of Gibraltar Bay in Madrid, Spain, 29 August 2013. The Spanish government is studying the possibility of imposing higher sanctions on floating petrol stations in the Special Conservation Zone (ZEC), citing environmental concerns over the practice of 'bunkering' or refuelling at sea. EPA/Fernando Alvarado
Nur eines hatte man, wie Umweltminister Miguel Arias Cañetenun einräumte, unterlassen: Die seismologischen Risiken des Vorhabens wurden nicht geprüft.

Allerdings fällt dies nicht in die Verantwortung des konservativen Ministers. Das Vorhaben war 2009 genehmigt worden, als die Sozialisten an der Regierung waren.

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