Entschädigungspflicht: Deutsche Bahn begehrt auf

Die Bahn muss auch bei höherer Gewalt für Verspätungen entschädigen - und ortet Wettbewerbsverzerrung.

Die Deutsche Bahn wehrt sich dagegen, dass sie - anders als Fluggesellschaften, Bus- oder Schiffsunternehmen - im Falle höherer Gewalt ihre Kunden entschädigen muss. Dies benachteilige Bahnunternehmen gegenüber anderen Verkehrsmitteln, beklagt Bahn-Chef Rüdiger Grube in einem Brief an EU-Verkehrskommissar Siim Kallas.

Der Konzernchef fordert in dem Schreiben deshalb eine Klarstellung in der EU-Richtlinie zu Fahrgast-Rechten. Auslöser für den Entscheid des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) war eine Klage der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) beim Verwaltungsgerichtshof, den dieser an den EuGH weiter reichte.

Die Bahn zahlt bei Verspätungen wegen Unwetter, Hochwasser oder Streik nach eigenen Angaben seit langem aus Kulanz Entschädigungen. Seit einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Ende September ist sie dazu rechtlich verpflichtet. Die Richter hatten entschieden, Bahngesellschaften müssten auch bei höherer Gewalt Entschädigungen leisten - denn anderes sei in der EU-Richtlinie nicht vorgesehen.

"Nicht haltbarer Zustand"

Dr. Grube bei einer Pressekonferenz der Deutschen Bahn.
DB-Chef Rüdiger Grube bekam 2014 rund 2,4 Millionen Euro Gage.
Das EuGH-Urteil beruhe "zweifellos auf dem Geist des Verbraucherschutzes", schrieb Grube ( Bild) am 11. November in dem Brief an Kallas. Es missachte aber "das legitime Bedürfnis nach einem einheitlichen Wettbewerbsstandard" zwischen der Bahn, Luftfahrt, Schifffahrt und Busbranche, beklagt der Bahn-Chef. Die Regelung stehe zudem in "Widerspruch zu den grundlegenden Prinzipien europäischen Vertragsrechts": Nur Eisenbahn-Kunden könnten Entschädigungen auch dann verlangen, wenn das Unternehmen "in keiner Weise Verantwortung für die Zugverspätung trägt". Das sei "ein nicht haltbarer Zustand."

Grube führt in seinem Brief zwei konkrete Beispiele an, in denen die Deutsche Bahn verpflichtet war, ihre Kunden zu entschädigen. Dies sei etwa bei dem Orkantief "Christian" in Norddeutschland der Fall gewesen, als der Zugverkehr in Folge des Sturms auf vielen Strecken eingestellt werden musste. Vergleichbar war demnach die Lage beim schweren Hochwasser in Ost- und Süddeutschland im Frühsommer. In Folge war unter anderem die wichtige Bahnstrecke Berlin-Hannover über Monate gesperrt.

„Obwohl die erwähnten Ereignisse absolut nicht zu kontrollieren waren, war die Deutsche Bahn gezwungen, einer große Zahl Fahrgäste zu Entschädigungen wegen der daraus folgenden Verspätungen zu zahlen", kritisiert der Bahn-Chef. Grube fordert daher "eine Neuordnung des Rechtsrahmens", um "weiteren Schaden an der Wettbewerbsfähigkeit der Schiene abwenden".

Bei der Deutschen Bahn sind nach Unternehmensangaben bis Oktober rund eine Million Anträge auf Entschädigung wegen Verspätungen und Zugausfällen eingereicht worden. In 90 Prozent der Fälle hat die Deutsche Bahn ihren Angaben zufolge gezahlt.

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