Energiewende: Gabriel attackiert Europäische Union
Schwere Geschütze gegen Brüssel fährt der deutsche Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel auf: Der SPD-Chef wirft der EU im Streit um die Industrierabatte auf die Kosten der Energiewende Machtmissbrauch vor.
"Die Kommission instrumentalisiert das Wettbewerbsrecht, um die nationale Energiepolitik zu europäisieren", sagte der SPD-Vorsitzende am Dienstag bei einem Energiekongress in Berlin (zur Website der 21. Jahrestagung Energiewirtschaft). Ziel sei die Hoheit über die deutsche Energieversorgung.
"Manchmal habe ich den Eindruck, das hat mit dem deutschen Leistungsbilanzüberschuss zu tun", sagte er mit Blick auf die Debatte über die deutsche Wirtschafts- und Exportstärke, die in der Kommission und in EU-Mitgliedsländer auf Kritik gestoßen ist. "Da müssen wir eine klare Haltung haben", verlangte er.
EU hat Verfahren eingeleitet
Gabriel sagte, die Argumentation sei ihm unverständlich. Man versuche nur, die dramatischen Belastungen für die deutsche Industrie, die andere europäische Länder nicht hätten, etwas zu mildern. Die EU müssen auch mit Blick auf die Rolle Deutschlands etwa beim Klimaschutz ein Interesse daran haben, dass die wirtschaftlichen Bedingungen für das Land sich nicht verschlechterten. "Das muss man offensiv den Europäern sagen."
Langer Streit mit der Kommission habe aber keinen Sinn, räumte Gabriel ein. Es müsse schnell eine Lösung gesucht werden. Dazu gehöre auch, dass man bis zum Sommer das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) reformieren wolle, damit auch dies im Einklang mit EU-Vorgaben bleibe. Gelinge dies nicht, komme man auch in der Frage der Entlastungen der Industrie in Schwierigkeiten.
Die Ökostrom-Umlage ist ein Politikum in Deutschland. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) werden für jede Kilowattstunde Strom aus Solar-, Wind- und Biomasseanlagen auf 20 Jahre garantierte Vergütungen festgelegt. Die Höhe ist abhängig vom Anschlussdatum.Die Differenz zwischen dem am Markt für den Strom erzielten Preis und der festen Vergütung bildet die EEG-(Ökostrom)-Umlage.
Auch weil über die Umlage umfassende Industrierabatte zu zahlen sind, treibt dies die Strompreise. Wurden 2009 erst 5,27 Mrd. Euro über die Umlage auf die Strompreise aufgeschlagen, sind es nun 20,3 Mrd. Euro.
Davon tragen laut Branchenverband BDEW Haushalte 7,2 Mrd. Euro, die Industrie 6,1 Mrd. Euro, den Rest entfällt auf öffentliche Einrichtungen, Handel, Verkehr und auf das Dienstleistungsgewerbe. 2014 wird der Umlagebetrag auf 23,5 Mrd. Euro steigen - pro kWh werden 6,24 Cent für Haushalte und kleine Unternehmen fällig.
Unternehmen mit einem besonders hohen Verbrauch zahlen weit weniger, die Mindestumlage beträgt 0,05 Cent je Kilowattstunde. Die gesamten Nachlässen könnten 2014 rund 5 Mrd. Euro betragen.
Kommentare