Elefanten-Hochzeit der Autozulieferer

Nicht nur unter den großen Brauerei-Konzernen, auch bei den Automobilzulieferern stehen Umwälzungen bevor: In einer der größten Übernahmen der Autobranche schluckt der süddeutsche Getriebehersteller ZF Friedrichshafen den US-Konkurrenten TRW Automotive. Das Angebot von umgerechnet 9,6 Mrd. Euro in bar sei von der TRW-Führung einstimmig angenommen worden, teilten beide Unternehmen am Montag mit.
Sollten die Aktionäre und Regulierungsbehörden zustimmen, wäre das der größte Zusammenschluss in der Zulieferindustrie seit der Übernahme von Continental durch Schaeffler vor sechs Jahren. Zusammen rücken ZF Friedrichshafen und TRW in die Weltmarktspitze vor und spielen im Zukunftsgeschäft mit Elektromobilität und dem autonomen Fahren eine wichtige Rolle.
Gut 40 Mrd. Dollar Umsatz
Zusammen würden ZF und TRW mit 41 Mrd. Dollar (31,7 Mrd. Euro) Umsatz und weltweit 138.000 Beschäftigten auf die vorderen Ränge der Autozulieferindustrie vorrücken. Einer Rangfolge des Fachmagazins „Automobil-Produktion“ zufolge liegt Bosch mit knapp 41 Mrd. Dollar an Erlösen auf Rang drei hinter dem japanischen Zulieferer Denso und Weltmarktführer Continental aus Hannover. Ein anderes Ranking der "Automobilwoche", das nur Umsätze aus den Kfz-Sparten berücksichtigt, sah Bosch im abgelaufenen Jahr mit knapp 40,2 Mrd. Dollar Umsatz vor dem japanischen Konkurrenten Denso (35,8 Mrd. Dollar). Auf Platz drei landete hier der austrokanadische Magna-Konzern (34,4 Mrd. Dollar), gefolgt von Continental (33,5 Mrd. Dollar).
Die Transaktion zwischen ZF und TRW wurde zu einem Preis von 105,60 Dollar (81,66 Euro) je Aktie vereinbart. Das entspricht 12,4 Milliarden Dollar, inklusive übernommener Schulden sind es 13,5 Mrd. Dollar (10,44 Mrd. Euro). Um die Übernahme zu finanzieren, will ZF Anleihen begeben. Bis dahin springen Citigroup und Deutsche Bank mit Krediten ein. Die hohe Verschuldung solle durch das erwartete Wachstum in den nächsten Jahren verringert werden, teilte das Unternehmen mit. Analysten hatten im Vorfeld Zweifel geäußert, ob ZF eine solche Übernahme stemmen könne. Das auf elektronische Komponenten spezialisierte US-Unternehmen TRW soll als separater Geschäftsbereich im ZF-Konzern geführt werden.
Konträre Kulturen
In Branchenkreisen hieß es, mit ZF und TRW verschmölzen zwei Unternehmen mit höchst unterschiedlicher Firmenkultur: der eher sozial ausgerichtete Stiftungskonzern mit einem US-Zulieferer, der knallhart verhandle. Jede Firma werde ihre Kultur wahren, versuchte ZF-Chef Stefan Sommer Sorgen zu zerstreuen. „Wir werden unsere Kulturen zusammenbringen können, so wie wir es in der Vergangenheit mit Übernahmen gemacht haben.“ Der Transaktion müssen noch die Kartellbehörden und die Aktionäre von TRW zustimmen. Mit einem Abschluss und dem Abschied der TRW-Aktie von der New Yorker Börse rechnet ZF im ersten Halbjahr 2015. Kurz vor der Deal-Vereinbarung hatte ZF eine wichtige Hürde aus dem Weg geräumt: Die Friedrichshafener verkauften ihre Hälfte am Joint-Venture ZF Lenksysteme an den Partner Bosch.
TRW mit Sitz in Livonia im US-Bundesstaat Michigan beliefert mehr als 40 große Automobilhersteller und setzte im vergangenen Jahr 17,4 Mrd. Dollar um. In Deutschland beschäftigt TRW gut 10.000 Mitarbeiter. Der US-Konzern bietet unter anderem Video- und Radarsysteme an, die halb-autonomes Fahren ermöglichen sollen. Die Unternehmensgruppe stellt außerdem Produkte zur Fahrzeugsicherheit her. ZF Friedrichshafen ist der weltweit größte unabhängige Getriebehersteller und (wie Bosch) im Besitz einer Stiftung. Bosch-Chef Volkmar Denner gab sich gelassen: „Wenn die Übernahme so kommen sollte, wird ein starker Wettbewerber zu Bosch entstehen - wir bejahen Wettbewerb und haben kein Problem damit.“
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