Drozda: „ÖBAG-Dividenden nicht für Budget, sondern für Standort“

Drozda: „ÖBAG-Dividenden nicht für Budget, sondern für Standort“
SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda beurteilt die neue Staatsholding positiv, warnt aber vor Seilschaften.

Wer erwartet hatte, dass die SPÖ Fundamentalopposition gegen die neue Staatsholding ÖBAG der türkis-blauen Regierung betreibt, wird enttäuscht.

Die Reform sei „grundsätzlich positiv“, denn die Politik müsse die österreichische Industrie, „auf die wir mit Recht stolz sein können, stärken und unterstützen“, sagt SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda.

Jetzt stelle sich die Frage der Praxistauglichkeit. Die ÖBAG managt ab Anfang 2019 die wertvollsten Beteiligungen der Republik. Neben OMV, Telekom Austria, Post, und Casinos kommen noch die Bundesimmobilien BIG und der Verbund in die Holding, die dann über ein Beteiligungsvermögen von 20 Milliarden Euro verfügt. „Das ist mehr, als der Bund für das gesamte Bildungswesen ausgibt und zu den Pensionen zuschießt“, rechnet Drozda vor. Die SPÖ wollte als Regierungspartei ebenso wie die ÖVP einen Österreich-Fonds. Dessen Realisierung scheiterte wie so Vieles am kleinlichen, großkoalitionären Gezänk.

Die ÖBAG wird die Aufstockung von Beteiligungen sowie Neu-Investments in Unternehmen wesentlich flexibler durchziehen können. Erst ab gewissen Schwellen muss die Regierung zustimmen. Das wird von der SPÖ durchaus als Vorteil gesehen. „Sollte beispielsweise die RLB OÖ aus der Voestalpine aussteigen, muss die ÖBAG rasch und flexibel agieren können“, argumentiert Drozda.

Er plädiert dafür, dass die Dividenden der Unternehmen künftig nicht mehr ins Bundesbudget fließen: „Alles was erwirtschaftet wird, muss reinvestiert werden.“ Angesichts der Budgetsituation von ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger wohl eher ein frommer Wunsch. Im Vorjahr lieferte die Staatsholding 240 Millionen Euro aus den Dividenden der Unternehmen fürs Budget ab.

Kritik

Einige Kritikpunkte gibt es aber doch. Die strategischen Ziele seien im Gesetz nicht klar festgeschrieben, etwa Investitionen in Forschung und Entwicklung, Aus- und Weiterbildung zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie der Schutz vor ausländischen Übernahmen und vor Technologieabfluss.

Die ÖBAG soll auch Kredite und Garantien an Unternehmen vergeben können. Hier befürchtet die SPÖ Doppelgleisigkeiten zum austria wirtschaftsservice (aws) oder zum FFG.

Mit der BIG verwalte die ÖBAG nun auch „Grund und Boden“. Daher würden auch die Bundesforste besser in die Staatsholding passen als ins Ressort von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP), meint Drozda im Gespräch mit dem KURIER.

Er moniert außerdem, dass das Gesetz nur für vier Werktage in Begutachtung geschickt wurde, „obwohl es um eines der wichtigsten industriepolitischen Vorhaben der Regierung für den Wirtschaftsstandort geht“.

Die Investitionsstrategie legt ein Beteiligungskomitee fest, dem international unabhängige Wirtschaftsexperten angehören sollen. Drozda erinnert an den umstrittenen, sich selbst erneuernden Aufsichtsrat der alten ÖIAG, der zu einem Freundeskreis einiger Industrieller verkam. Daher habe er eine „gewisse Skepsis“, ob das Komitee „zur Spielwiese für die Großspender von Sebastian Kurz oder von Seilschaften in der Industriellenvereinigung wird“.

Doch davon abgesehen nerve ihn das „Industriebashing“ in Österreich. Etwa in den Diskussionen über den 12-Stunden-Tag, „da geht es im Tourismus und im Handel ganz anders zu als in der Industrie, wo es eine hohe Abdeckung durch Kollektivverträge gibt“. andrea.hodoschek

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