Drinnen Party, draußen Protest: Chaostag in Frankfurt

Polizisten stehen mit Schutzschilden vor einem brennenden Auto in der Klingerstraße.
Zusammenstöße, hundert Verletzte: "Blockupy"-Proteste in Frankfurt enden in Gewalt.

Schwarze Rauchschwaden schlängeln sich träge und schwer um Frankfurts Hochhaustürme. Hubschrauber kreisen über der deutschen Bankenmetropole, unten, auf den Straßen brennen Mülltonnen und Autos, heulen Polizeisirenen. Was am Mittwoch aussah wie ein Kriegsschauplatz, war der seit Langem angekündigte Protest der kapitalismuskritischen „Blockupy“-Bewegung, die schon am frühen Vormittag in heftige Zusammenstöße zwischen Protestierern und Polizisten mündete. Pflastersteine und Böller flogen gegen die Sicherheitskräfte. Die wiederum antworteten mit Tränengas und Wasserwerfern. Schon am frühen Nachmittag musste die Polizei eine erste, blutige Bilanz ziehen: An die hundert Sicherheitskräfte wurden verletzt.

Bilder aus Frankfurt

Mehrere brennende Polizeiautos stehen vor einem Gebäude.

German police cars set on fire by anti-capitalist
Dichter Rauch liegt über der Skyline von Frankfurt am Main.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Ein Demonstrant hält ein Schild mit der Aufschrift „People over Banks“ in die Höhe.

Eröffnung EZB - Demonstrationen
Ein Feuerwehrmann löscht einen brennenden Mülleimer, während Polizisten im Hintergrund stehen.

GERMANY BLOCKUPY
Polizisten stehen auf einer Straße, während im Hintergrund ein Feuer brennt und Wasserwerfer eingesetzt werden.

German riot police officers watch outside the new
Vermummte Personen stehen vor einem brennenden Auto.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Ein Polizeiauto steht in Flammen.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Demonstranten halten Schilder mit der Aufschrift „Die Krise heißt Kapitalismus“.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Eine Person in Sturmhaube wirft einen Stein gegen ein Schaufenster.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Demonstranten halten ein Banner mit der Aufschrift „Kaviar für alle“.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Mehrere brennende Polizeiautos stehen am Straßenrand.

Four German police cars set on fire by anti-capita
Eine Demonstration mit einem Schild, das Griechenland von der EZB „gefressen“ zeigt.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Polizisten mit Schilden stehen vor brennenden Autos auf einer Straße.

German police cars, set on fire by anti-capitalist
Polizisten stehen vor brennenden Polizeiautos in einer Straße.

German police cars, set on fire by anti-capitalist
Ein Polizist mit Schutzschild steht vor brennenden Autos.

A policeman looks on as German police cars, set on
Ein brennendes Barrikade mit einem umgestürzten Dixi-Klo während einer Demonstration in Frankfurt.

GERMANY BANKING ECB PROTEST
Feuerwehrleute löschen einen brennenden Opel-Polizeiwagen.

Fireworkers extinguish police vehicles set of fire
Eine Frau mit blutendem Gesicht wird von Polizisten in Schutzausrüstung abgeführt.

Policemen detain a wounded anti-capitalist 'Blocku

Anlass der "Blockupy"-Proteste, zu denen aus ganz Europa Demonstranten angereist waren: Die offizielle Eröffnung des 1,3 Milliarden Euro teuren Neubaus der Europäischen Zentralbank. (Mehr zu dem Gebäude erfahren Sie hier).

Mario Draghi schneidet bei einer feierlichen Veranstaltung ein blaues Band durch.
REFILE - ADDITIONAL CAPTION INFORMATION Tarek Al-Wazir, Deputy Minister-President and Minister of Economics, Energy, Transport and Regional Development of Hesse state, European Central Bank (ECB) President Mario Draghi and Peter Feldmann Lord Mayor of Frankfurt (L-R) cut the ceremonial tape during the inauguration of the ECB's new headquarters in Frankfurt March 18, 2015. The ceremonial opening of the 1.3-billion-euro ($1.4-billion) 185-meter high skyscraper building took place on Wednesday. Background left is former lord mayor of Frankfurt Petra Roth and background right is Jean-Claude Trichet, former ECB president. REUTERS/Wolfgang Rattay (GERMANY - Tags: BUSINESS TPX IMAGES OF THE DAY)

Drinnen, im glänzenden neuen Stahl- und Glaskoloss der Euro-Gralshüter, hatte man die Feierlichkeiten bewusst bescheiden gehalten. In seiner Festrede vor knapp hundert geladenen Gästen ging EZB-Präsident Mario Draghi kurz auf die Demonstrationen draußen vor der Tür ein: Viele unzufriedene Menschen im Euro-Raum hätten in den vergangenen Jahren der Wirtschaftskrise Einkommen und Wohlstand verloren. Als eine Institution, die in der Krise eine zentrale Rolle spiele, sei die EZB in den Fokus der Frustrierten geraten, sagte Draghi: "Möglicherweise ist dieser Vorwurf nicht fair. Denn unser Handeln zielt genau darauf ab, die wirtschaftlichen Schocks abzufedern."

Was ist Blockupy? Fragen & Antworten

Widerstand gegen die Sparpolitik

Draußen, auf der Straße, inmitten eines mehrere Tausend Menschen zählenden Demonstrationszuges sieht dies Lisa Mittendrin ganz anders. „Wir sind heute hier, um unseren Widerstand gegen die Krisen- und Kürzungspolitik zu zeigen. Diese Politik, die auch von der EZB forciert wird, hat in vielen europäischen Ländern die Sozialsysteme zerschlagen“, sagt das Vorstands-Mitglied von Attac Österreich zum KURIER. „Und wir sind hier, weil die EZB ihre neue Zentrale eröffnet. Und so, wie sich diese Politik auswirkt, glauben wir, dass dies kein Tag zum Feiern ist.“

Die Zusammenstöße mit der Polizei, die fliegenden Pflastersteine, so Lisa Mittendrin, dies seien nur „einzelne, bedauerliche Aktionen“. Am Nachmittag hatte sich die Lage in der Stadt wieder weitgehend beruhigt, zwei Demonstrationszüge bewegten sich friedlich durch die Altstadt. Das Gelände der EZB blieb hingegen weiträumig abgesperrt.

Im Hubschrauber zur Eröffnung

OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny musste per Hubschrauber vom Frankfurter Flughafen zum neuen EZB-Gebäude geflogen werden: In der Stadt war alles abgeriegelt, der öffentliche Verkehr stand still. Nowotny: „Es ist sehr bedauerlich, dass so etwas passiert“, sagte Nowotny zum KURIER. „Die EZB ist immer bereit zum Dialog, aber hier wird das Demonstrationsrecht missbraucht.“

So wie die EZB europäisch ist, war auch der Protest ein europäischer: Österreichische Teilnehmer hatten sich ebenso eingefunden wie spanische. An den brennenden Mülltonnen wurde italienisch gesprochen, auch griechische Demonstranten gingen rund um die Hochhäuser der Bankenmetropole auf die Straße. Die Mehrheit friedlich, ein kleiner Block vermummt und aggressiv.

Für den Deutschen Gewerkschaftsbund, Veranstalter einer der Protestzüge am Mittwoch, ist die EZB nur eines von vielen möglichen Symbolen für den Protest gegen die europäische Krisenpolitik. „Man könnte genauso gut vor dem Kanzleramt, den Großbanken oder der EU-Kommission demonstrieren“, sagt Frankfurts DGB-Chef Harald Fiedler. Der mächtige EZB-Neubau biete sich jedoch besonders an.

Kommt hinzu, dass Frankfurt ein symbolträchtiger Schauplatz ist: Bereits vor drei Jahren hatten bei der ersten Demo des linken, bankenkritischen Blockupy-Bündnisses rund 20.000 Menschen friedlich demonstriert. Und schon vom November 2013 an hatte man geplant: Der Tag der Eröffnung des EZB-Neubaus sollte ein Tag des Protestes werden.

Eine Karte von Frankfurt am Main mit Hervorhebung der Europäischen Zentralbank.

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