Drachme oder Euro? Was den Griechen nach der Wahl blüht

Die linksradikale SYRIZA gewinnt die Wahl, kommt an die Macht und stoppt den Sparkurs.
Parteichef Alexis Tsipras hat verkündet, nach seinem Wahlsieg werde er das Sparprogramm, das mit den EU- und Euro-Partnern vereinbart wurde, kippen. Halten sich die Griechen nicht an die Abmachungen, werden die EU-Hilfszahlungen eingestellt, die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte keine Kredite mehr an Athen vergeben. Griechenland wäre binnen Wochen pleite und müsste auf eine andere Währung, eine neue Drachme, umstellen. Sie wäre viel weniger wert als der Euro, man rechnet mit einer Abwertung von mindestens 50 Prozent. Gehälter und Pensionen würden, wenn überhaupt, nur in der schwachen Währung ausgezahlt.
Aus Angst davor heben schon jetzt viele Griechen ihre Geld ab bzw. bringen es ins Ausland. Wer bei einer Währungsumstellung über Euro-Bargeld verfügt, stünde vergleichsweise gut da. In Griechenland befürchtet man daher einen Banken-Ansturm. Werden die Bankkonten geräumt, bricht das griechische Bankensystem zusammen – das könnte einen Domino-Effekt in anderen EU-Ländern auslösen. Um zu verhindern, dass Chaos ausbricht und Geldreserven außer Landes gebracht werden, könnten Banken geschlossen und Bankomaten gesperrt werden. An den Grenzen würde es strenge Kontrollen geben, die Strafen für Mitnahme von größeren Bargeld-Summen ins Ausland würden drastisch erhöht.
Die Pro-Europa-Parteien gewinnen – und die EU ist bereit, den Sparkurs etwas zu lockern.
Die bisherigen Regierungsparteien, die konservative Neo Dimokratia und die sozialistische Pasok, wollen im Euro bleiben. Euro-Länder und EU werden zwar an der grundsätzlichen Forderung festhalten, dass Athen den vorgeschriebenen Sparkurs einhält. Doch die Griechen können in diesem Szenario damit rechnen, dass die europäischen Partner etwas nachgeben. Änderungen in Details wurden schon in Aussicht gestellt. Die Griechen könnten mehr Zeit bekommen und selbst bestimmen, wie sie die Sparziele erreichen. Die Hilfsgelder würden weiter fließen. Fraglich wäre aber, ob die Bevölkerung die schmerzhaften Reformen akzeptiert.
Es gibt eine " Regierung der nationalen Einheit" – mit oder ohne die Linksradikalen.
Schaffen Neo Dimokratia und Pasok keine Mehrheit, könnten sie die kleine Demokratische Linke (Dimar) ins Boot holen, um eine Regierungsbeteiligung der SYRIZA und damit den Euro-Ausstieg zu verhindern.
Die Gefahr wäre dann aber, dass Streiks das Land ins Chaos stürzen. Ein weiteres Problem könnte sein, dass eine solche "Koalition der Vernunft" nicht sehr stabil ist und Reformen nur schleppend voranbringt. Die Griechen hatten schon bisher große Probleme, EU-Geldquellen anzuzapfen: Die schwerfällige Bürokratie macht es oft unmöglich, EU-Fördergelder für Projekte zu bekommen.
Eine Alternative wäre, dass Konservative, Sozialisten und Linksradikale eine Regierung bilden – mit dem gemeinsamen Ziel, im Euro zu bleiben. Diese Koalition hätte im Parlament eine überragende Mehrheit und würde vermutlich rund 70 Prozent der Bevölkerung vertreten. Voraussetzung wäre, dass sich auch SYRIZA – entgegen ihrer Wahlversprechen – zum Sparprogramm bekennt.
Es kann auch nach dieser Wahl keine Regierung gebildet werden – die Zeit läuft davon.
Scheitert die Regierungsbildung erneut (wie Anfang Mai), wäre Griechenland mindestens weitere sechs Wochen ohne handlungsfähige Regierung. Das Geld für Löhne, Renten und Medikamente reicht nur noch bis Mitte Juli. Die Erfüllung der Sparauflagen würde in weite Ferne rücken. In der EU gibt es Stimmen, die dann für ein Euro-Aus der Hellenen plädieren. Bei einer weiteren Wahl könnten die Extremisten noch mehr Zulauf bekommen.
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