Die Modebranche rennt um ihr Leiberl

Die Modebranche rennt um ihr Leiberl
Keine kulturellen Anlässe, keine Touristen - im Modehandel kommt keine Kaufstimmung auf. Die Branche wartet auf Geldspritzen.

Die vier Schließwochen sind für den Modehandel zur Unzeit gekommen. "Für uns war der Zeitpunkt des Shutdowns der denkbar ungünstigste, weil er zu Beginn einer neuen Saison kam", sagte Jutta Pemsel, Branchensprecherin für den Bekleidungs-, Schuh-, Leder- und Sporthandel in der Wirtschaftskammer, am Dienstag zur APA.

Stimmung im Keller

Die Frühjahrsmode lasse sich mit Wochen Verspätung kaum mehr verkaufen, viele Firmen bangten ums Überleben. Die Branche lebt von der Stimmung der Konsumenten, und diese ist derzeit im Keller. "Es gibt keine Trageanlässe, weil Veranstaltungen, kulturelle Anlässe, Hochzeiten und Sportevents ausfallen", so Pemsel. Auch Touristen fehlten sowie die für den Handel so wichtige Gastronomie. "Wir brauchen eine Konsumstimmung, wo Leute flanieren gehen. Unser Produkt ist hochgradig emotional", sagte die Branchensprecherin.

Große Insolvenzgefahr

Pemsel sieht eine große Insolvenzgefahr, wenn die angekündigten Geldspritzen der Regierung nicht rasch fließen. Die Modefirmen Airfield, Colloseum und Hallhuber hat die Pleitewelle bereits erfasst. Pemsel lobte zwar die staatlichen Fördermaßnahmen wie Kurzarbeit und Corona-Hilfsfonds, allerdings bräuchten die Betriebe eine einfachere Handhabe. "Das läuft zäh, weil sich die Banken sehr absichern", so Pemsel.

Viele in Kurzarbeit

Ein Großteil der rund 41.500 Beschäftigten im Bekleidungshandel befinde sich derzeit in Kurzarbeit. Bisher seien nur wenige gekündigt worden, so Pemsel. Seit einer Woche darf die Mehrheit der Geschäfte wieder offen haben, doch nicht alle machen davon Gebrauch. Viele Händler haben gar nicht aufgesperrt, obwohl sie unter die 400m2-Regelung fallen und somit hätten öffnen dürfen. "Die Kosten des Aufsperrens sind oft höher als wenn sie zulassen", räumte Pemsel ein.

Wie Blei

Die Frühjahreskollektionen sind bezahlt und liegen nun wie Blei in den Regalen. "Der nächste Schlussverkauf steht schon vor der Tür", sagte die Modehändlerin. Die Kosten für den Wareneinsatz sind im Bekleidungshandel besonders hoch. Der Umsatzentgang der vergangenen Wochen setze eine Schuldenspirale in Gang, aus der viele nicht mehr hinauskommen.

Laufkunden und Touristen fehlen

Die erste Öffnungswoche seit dem Shutdown sei schlecht gelaufen, räumte Pemsel ein. Die Frequenz sei deutlich unter dem Vorjahr gelegen, viele große Modeketten von H&M bis Zara sind noch gar nicht offen. Treue Stammkundinnen und -kunden würden zwar einkaufen, aber Laufkundschaft und Touristen fehlten komplett.

Auch online

Während der Schließwochen zählte Bekleidung zu den Artikeln, die besonders häufig online gekauft wurden, ergab kürzlich eine Gallup-Umfrage. Allerdings kaufen die Österreicher mit Vorliebe bei internationalen Onlinehändlern ein. Findige Händler haben dennoch einen Onlineshop aufgezogen, Gutscheine verkauft oder Stammkunden durchgerufen. Jedoch: "Wenn die Kauflaune schlecht ist, ist auch der Onlinehandel schlecht", räumte Pemsel ein. Ein Onlineshop rette das "Vaterland", sprich den stationären Handel, nicht. Österreichische Händler wie Kastner & Öhler oder Fussl Modestraße schlugen bereits vor Wochen Alarm.

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