Deutsche Industrie mit großem Auftragsminus

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Die deutsche Industrie verbucht ein Auftragsminus von vier Prozent. Für Experten ist das ein Debakel.

Der deutschen Industrie sind die Aufträge im Juni so stark weggebrochen wie seit rund anderthalb Jahren nicht mehr. Das Neugeschäft schrumpfte um vier Prozent im Vergleich zum Vormonat, wie das deutsche Wirtschaftsministerium am Montag mitteilte. „Bei der Entwicklung am aktuellen Rand dürften auch Verunsicherungen durch die Handelspolitik eine Rolle gespielt haben“, erklärte das Ministerium mit Blick auf den Zollstreit mit den USA.

„Der Auftragsbestand ist weiterhin sehr hoch und das Geschäftsklima trotz Eintrübung noch deutlich im positiven Bereich“, heißt es weiter. Die Auslandsnachfrage fiel im Juni insgesamt um 4,7 Prozent. Dabei nahmen die Bestellungen aus der Euro-Zone um 2,7 Prozent ab, während das Geschäft mit dem Rest der Welt um 5,9 Prozent nachließ. Die Inlandsnachfrage schrumpfte diesmal um 2,8 Prozent.

Viele Ökonomen gehen davon aus, dass der Aufschwung in Deutschland den Höhepunkt hinter sich hat. Viele Fachleute und Forschungsinstitute haben deshalb und auch wegen Risiken durch den Handelsstreit mit den USA ihre Konjunkturprognose für 2018 auf knapp zwei Prozent gesenkt.

"Überraschendes Debakel"

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten lediglich einen Rückgang um 0,4 Prozent erwartet. „Das ist ein in diesem Ausmaß überraschendes Debakel“, sagt Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Am Ende sei der Rückgang aber wohl weniger das Ergebnis der Handelsstreitigkeiten, sondern das Resultat des zuvor erreichten extrem hohen Niveaus. Nach dem Ausnahmejahr 2017 befindet sich die Industrie in einem Normalisierungsprozess. Die Stabilisierung der Stimmungsindikatoren spricht gegen einen weiteren Einbruch, so Krüger.

Thomas Gitzel von der VP Bank sieht keine Indizien für einen spürbaren konjunkturellen Abschwung. „Möglicherweise sorgt aber die Furcht vor einem Handelskrieg bereits jetzt schon für eine gewisse Zurückhaltung bei den Neubestellungen.“ Die gute Nachricht sei zumindest, dass die deutschen Unternehmen nach wie vor neue Mitarbeiter einstellten. „Konjunktursorgen sehen anders aus. Aber dennoch ist es so, dass die deutsche Industrie nicht auf die Drehzahlen des Vorjahres kommen wird“, meint Gitzel. Damit werde das Gesamtjahreswachstum 2018 geringer ausfallen als im Vorjahr.

"Das ist schwach gelaufen. Die Juni-Zahl sollte man aber auch nicht überbewerten, da der Vormonat sehr stark war", sagt Stefan Kipar von der Bayern LB. Er sieht einen Negativtrend, aber einen moderaten. Das sei keine Katastrophe. Mut mache, dass sich die Stimmungsindikatoren zuletzt stabilisiert habe. "Das könnte sich schon im laufenden dritten Quartal in den harten Daten widerspiegeln“, so Kipar.

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