Deutsche Finanzbeamte wollen in Griechenland Schulden eintreiben

Bei einer Demonstration wird eine Flagge Belgiens verbrannt, während eine Person in eine griechische Flagge gehüllt ist.
Während Athen zu drastischen Mitteln greift, um Steuersünder zu bekehren, will Berlin 160 Beamte schicken – notfalls auch pensionierte.

Es könnte eine Chance sein, ganz sicher aber eine heikle Gratwanderung, bedenkt man die derzeitigen Spannungen zwischen Griechen und Deutschen. Finanzbeamte aus Deutschland sollen nun nach Hellas geschickt werden, um dem Land beim Aufbau einer modernen Finanzverwaltung zu helfen. Mehr als 160 Beamte stünden schon bereit, meldet die Wirtschaftswoche. Für die Aufbauhelfer seien englische Sprachkenntnisse Voraussetzung, ein Dutzend spreche auch Griechisch. Besonders viele Freiwillige kommen dem Bericht zufolge aus Nordrhein-Westfalen. "Wir sollten bei der Hilfe für Griechenland auch die Möglichkeit der Reaktivierung deutscher Steuerbeamter im Ruhestand in Erwägung ziehen", empfahl der hessische Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) in der Wirtschaftswoche. So könnten "große praktische Erfahrungen mobilisiert werden".

Ein vertrauliches Papier der Generaldirektion Steuern der EU-Kommission habe aufgelistet, dass in Griechenland drei Viertel der qualifizierten Selbständigen wie Ärzte, Notare und Ingenieure Einkünfte unterhalb des steuerlichen Existenzminimums erklärten, heißt es in dem Zeitungsbericht weiter. Jährlich würden in Griechenland schätzungsweise 15 bis 20 Milliarden Euro hinterzogen. Es gebe ausstehende Steuerforderungen des griechischen Staates gegenüber den größten Steuerschuldnern in Höhe von 63 Milliarden Euro.

Jagd nach Vermögen

Athen greift inzwischen zu drastischeren Mitteln, um Steuersündern auf den Pelz zu rücken. So sperrten die Steuerfahnder dem Großunternehmer Lavrentis Lavrentiadis diese Woche drei Schweizer Konten mit über 160 Millionen Euro, wie das Handelsblatt berichtete. Das Vermögen Lavrentiadis‘ wird in der Schweiz, in Liechtenstein, in Singapur und im Libanon gesucht.

Dass das Image der steuerhinterziehenden Griechen nicht immer zutrifft, wollen führende griechische Unternehmen ins Gedächtnis rufen. In ganzseitigen Anzeigen in überregionalen deutschen Tageszeitungen haben sie eindringlich um Unterstützung für das Euro-Krisenland geworben. Angesichts des harten Sparprogramms und des Wirtschaftseinbruchs in Griechenland hieß es: "Wir sind Bürger der EU, die hart arbeiten und ihre Steuern bezahlen - und doch sehen wir uns momentan unfairen Klischeevorstellungen ausgesetzt. Wir sind Europäer und wir streben an, in Europa eine konstruktive Rolle zu spielen. Wir werden unser Versprechen halten. Wir haben aus unseren Fehlern gelernt. Wir haben bereits große Opfer gebracht. Wir sind bereit, mehr zu tun."

Drittes Hilfspaket?

Kaum ist das zweite Hilfspaket von 130 Milliarden beschlossen, fängt bereits die Debatte über ein drittes an. Nach dem deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble schließt auch Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker ein drittes Paket für Griechenland nicht aus.

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