Deutsche ESM-Entscheidung in 3 Monaten?

Gelassenheit herrscht nach der Anhörung der Verfassungsrichter in Karlsruhe.

Die sich abzeichnende Verschiebung des Eilentscheids der deutschen Verfassungsrichter zur Euro-Rettung verursacht in Berlin weniger Aufregung als erwartet. Nach übereinstimmender Meinung aller Beobachter des öffentlichen Verfahrens am Dienstag in Karlsruhe wird das höchste Gericht wohl erst in drei Monaten seine Meinung über die Verfassungsmäßigkeit der deutschen Gesetze für den Rettungsfonds ESM und den Fiskalpakt kundtun.

Damit würde es den Warnungen von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor "wirtschaftlichen Verwerfungen" bei einer Zurückweisung nur bedingt folgen. Gerichtspräsident Andreas Vosskuhle hatte offenbar entgegen seiner früheren Absicht am Ende des Verhandlungstages eine Fristverlängerung in Aussicht gestellt und damit auch die Möglichkeit der Entscheidung des Höchstgerichts in der Hauptsache angedeutet.

Stark beeindruckt zeigte er sich offenbar von Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Der hatte die Situation auf den Märkten als weniger dramatisch dargestellt als Schäuble und sich bei der Beherrschbarkeit der Risken für Deutschland aus seinem Einstehen für die Schuldenländer skeptisch gegeben. Ein Ausfall Spaniens oder Zyperns ließe sich auf den Märkten auch dann verkraften, so Weidmann, wenn der ESM wegen der Verfassungsklage noch nicht in Kraft sei. Die Möglichkeit für die Gremien des ESM, die Kriterien autonom und ohne Zustimmung der Zahlerländer, etwa bei Nachschusspflichten, zu ändern, nannte Weidmann "problematisch". "Enorme Verwerfungen" könne es auch bei Transferzahlungen aus den soliden Staaten in die Krisenländer geben, warnte der Bundesbank-Chef. ESM und Fiskalpakt könnten dem "Spannungsverhältnis zwischen Hilfegewährung und Eigenverantwortung der Empfängerländer nicht gerecht werden".

Widersprüche

Ein älterer Mann mit Bart hält sich die Hand an die Stirn.

Der Chef des Ifo-Instituts Hans-Werner Sinn warnte vor einem "Fass ohne Boden", die Gefahren des Austritts von Euro-Zonen-Mitgliedern werde überbewertet. Der Oxforder Professor Clemens Fuest sagte hingegen "drastische Spannungen" voraus, wenn der ESM gekippt werden würde.

Die überwiegende Mehrheit der deutschen Presse lobt das sorgfältige Prüfen der Klagen gegen die ESM-und Fiskalpakt-Gesetze. Es enthebe das Gericht der Gefahr, dass bei einem vorläufigen Nein die Finanzmärkte Amok liefen. Dieses Kalkül deutete die FAZ so, dass sich " Karlsruhe wohl nicht dem Marsch in die Transferunion entgegen stellen" werde.

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare