"Deutsche" ein bisserl weniger österreichisch

Stephan Leithner vor einem parlamentarischen Hearing 2012 in Berlin.
Deutsche-Bank-Chef Cryan krempelt Führung um, Stephan Leithner wechselt laut Insidern zu Finanzinvestor.

Deutsche-Bank-Chef John Cryan krempelt offenbar die Führungsetage um: Am Ende wird das größte deutsche Finanzinstitut ein bisserl weniger österreichisch sein: Personalvorstand Stephan Leithner plane nämlich das Geldhaus zu verlassen, sagte ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Der gebürtige Tiroler heuere beim schwedischen Finanzinvestor EQT an und werde sich dort ab 2016 als einer von sechs Partnern um das Geschäft in Deutschland und Europa kümmern.

"Deutsche" ein bisserl weniger österreichisch
John Cryan, Boss der Deutschen Bank.
Leithner ist der erste Vorstand, der nach Cryans Amtsantritt im Juli ausscheidet. Er war in einem Bericht der deutschen Bankenaufsicht BaFin zu den Manipulationen des Libor-Zinssatzes belastet worden und galt deshalb als einer der Wackelkandidaten unter den Top-Managern. Der gelernte Investmentbanker kam von McKinsey, er arbeitet seit 2000 für die Bank. 2012 war er in den Vorstand aufgerückt und dort für Personal, gute Unternehmensführung, die Einhaltung von Gesetzen sowie den Kampf gegen Finanzkriminalität zuständig. Zudem leitet er das Europa-Geschäft außerhalb Deutschlands und Großbritanniens. Die Bank und EQT wollten sich dazu nicht äußern, Leithner war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Erst der Anfang

"Deutsche" ein bisserl weniger österreichisch
Deutsche Bank AG Chairman of the Supervisory Board Paul Achleitner attends the Asian Financial Forum (AFF) in Hong Kong January 13, 2014. The AFF brings together some of the most influential members of the global financial and business community to discuss developments and trends in the dynamic markets of Asia, according to the official press release. REUTERS/Tyrone Siu (CHINA - Tags: BUSINESS)
Ein Österreicher wird freilich weiterhin eine zentrale Rolle bei der Neuaufstellung der Bank spielen: Aufsichtsratschef Paul Achleitner. Insider gehen nämlich davon aus, dass Leithners Abgang erst der Anfang sein wird. Beobachter erwarten Entscheidungen spätestens Ende Oktober, wenn Deutschlands größtes Geldhaus die Einzelheiten seiner „Strategie 2020“ vorstellt.

Der Co-Vorstandschef Anshu Jain, der mit den Regulierern im Clinch lag und früher die umstrittene Investmentsparte geleitet hatte, schied bereits zuvor aus seiner Funktion aus und musste dem neuen Bankchef John Cryan Platz machen.

Wackelkandidaten

Spekuliert wird, dass der Chef der Vermögensverwaltung, Michele Faissola, und der Co-Chef des Investmentbankings, Colin Fan, noch von der deutschen Finanzaufsicht BaFin ausgebremst werden könnten. Auch dazu gab es keine Stellungnahme.

Faissola hat zwar die Vermögensverwaltung in den vergangenen drei Jahren erfolgreich umgebaut. Er gilt aber als enger Vertrauter von Jain, weil er wie dieser aus der Investmentbank kommt. Im Bericht der BaFin zum Libor-Zinsskandal wurde Faissola scharf kritisiert: Nach ihrer Einschätzung kann nicht ausgeschlossen werden, dass er von den Zinstricksereien in den Handelssälen wusste. Faissola hat die Vorwürfe scharf zurückgewiesen: Er sei nie für diesen Bereich verantwortlich gewesen.

Russland-Turbulenzen

Colin Fan taucht im Libor-Bericht zwar nicht auf. „Aber er hat im Geldwäsche-Skandal in Russland keine gute Figur abgegeben“, berichtete der Insider. Dort sollen russische Kunden Schwarzgeld im Wert von mindestens 6 Mrd. Dollar (5,3 Mrd. Euro) über die Bank gewaschen haben. Der Skandal ist einer der größten Rückschläge für den von der Bank ausgerufenen „Kulturwandel“ und sorgte im Aufsichtsrat für Verärgerung. Cryan hat angekündigt, das Investmentbanking in Russland dichtzumachen.

Kommentare