"Das Dilemma der Griechen lautet: Euro oder Chaos"

Ein lächelnder Mann mit hellen Augen und dunklen Haaren.
Der Chef-Wirtschaftsberater von Nea D­imokratia-Führer Antonis Samaras, Dimitrios Tsomocos, ist in einer von den Konservativen geführten Regierung als Finanzminister im Gespräch.

KURIER: Werden die Wahlen dieses Mal eine handlungsfähige Regierung bringen?

Dimitrios Tsomocos: Die Wahl am 6. Mai war eine Protestwahl. Aber jetzt rechne ich damit, dass sich die Nea Dimokratia und alle pro-europäischen Kräfte durchsetzen werden. Die Griechen sind sich heute der Gefahren viel stärker bewusst. Sie haben verstanden, dass das wahre Dilemma nicht heißt: Sparpaket oder kein Sparpaket. Sondern es lautet: Euro oder Chaos. Anders gesagt: Der Doktor kommt ins Spital. Und wenn man krank ist, ist es besser, im Spital zu sein, als draußen allein im Wald.

Diese Regierung würde auf Neuverhandlungen über das Sparpaket drängen?

Das wäre unsere Priorität Nummer eins. Wir brauchen mehr Wachstum und weniger Kürzungen. Zunächst wollen wir, dass der Zeithorizont, bis zu dem wir die Maßnahmen der Troika umsetzen müssen, von zwei auf vier Jahre verlängert wird. Das Defizit senken, den Öffentlichen Dienst modernisieren, die Wirtschaft reformieren – all diese Maßnahmen machen Sinn. Wir wollen nicht die Ziele verändern, sondern nur den Zeitrahmen. Und so lange wir glaubhaft machen können, dass wir zu diesen Zielen stehen, wird man in Brüssel auch auf uns hören.

Sollen Kürzungen und Steuererhöhungen wieder zurückgenommen werden?

Das Sparpaket soll insofern gemildert werden, als die schärfsten Kürzungen gebremst werden – vor allem jene gegenüber den Pensionisten und Geringverdienern. Wir wollen stattdessen die Nachfrage stärken, die private Wirtschaft stützen, die Wettbewerbsfähigkeit ausbauen, privatisieren (etwa die Bahngesellschaft) und den Bankensektor wieder auf die Beine bringen, um die Wirtschaft aus der Rezessionsfalle herauszubringen. Unser Problem ist leider: In den vergangenen zwei Jahren haben wir in Griechenland nicht eine einzige Strukturreform durchgesetzt. Das hat unsere europäischen Partner frustriert.

Steht Griechenland wieder vor Massenstreiks?

Ich rechne nicht damit – wenn wir ein starkes Regierungsmandat bekommen. Die Menschen haben gesehen, dass unser bisheriges Wirtschaftsmodell kein Wachstum geschaffen hat, es ist instabil. Und wen trifft es besonders? Nicht die Privilegierten und die Reichen, sondern die normalen Menschen, die ohne große Löhne, die ohne Privilegien, die Arbeitslosen, die Pensionisten, die mit den kleinen Unternehmen – sie wollen eine moderne Wirtschaft. Die sinkende Minderheit, die sich immer dagegenstemmt, ist laut, aber sie ist eine Minderheit. Nach den Plänen von SYRIZA würde sich Griechenland bald in eine wirtschaftliche Mondlandschaft verwandeln.

Und die Steuermoral?

Wenn es eine effiziente Steuerbehörde gibt, wird die Bevölkerung überzeugt sein, dass alle Steuern zahlen müssen.

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