Corona setzt auch den Sozialstaat unter Druck

Corona setzt auch den Sozialstaat unter Druck
Studie der Agenda Austria: Anteil der Nettoempfänger ist Pandemie-bedingt um 20 Prozentpunkte gestiegen

Im österreichischen Sozialstaat werden Jahr für Jahr rund 110 Milliarden Euro bewegt. Eine Riesensumme, die treffsicher investiert sein will. Umstritten ist, wie stark die Umverteilungswirkung von reich zu arm ist – und welchen Einfluss die Corona-Pandemie hat. Beides versucht die wirtschaftsliberale Agenda Austria in einer neuen Studie zu beantworten.

Ein Ergebnis: Die Umverteilungswirkung ist insbesondere dann gegeben, wenn man nicht nur wie sonst üblich die Steuern und Transfers des Staates, sondern auch seine Sachleistungen (wie Bildung, Gesundheit etc.) berücksichtigt. Die Autoren kommen zum Schluss, dass der „Sozialstaat in Österreich zu einem großen Teil über Sachtransfers funktioniert.“

Vor allem im Bildungsbereich stimme jedoch die Qualität oft nicht. Die Agenda regt deshalb mehr Autonomie für die Schulen bei der Verwendung staatlicher Gelder an. Und kann sich einen „Sozialindex“ vorstellen, auf dessen Basis es Förderungen für Schulen mit Spezialbedarf (z. B. hoher Migrantenanteil) geben sollte.

Mehr Nettoempfänger

Zweites Ergebnis: Corona hat das Verhältnis von Nettozahlern zu Nettoempfängern im Sozialstaat verschoben. Vor der Pandemie lag es bei rund 75 zu 25, was als prinzipiell gesundes Verhältnis angesehen wird. Mittlerweile lautet die Relation zwischen Nettozahlern zu Nettoempfängern aber 55:45. Wesentlich weniger Beitragszahler müssen mehr Empfänger erhalten, was sich durch sinkende Steuereinnahmen und steigende Ausgaben für Kurzarbeits- und Arbeitslosengeld erklären lässt. Das bringt das System unter finanziellen Druck. Mit Reformen auf dem Arbeitsmarkt (Qualifizierungen, Auslaufen der Kurzarbeit) oder im Pensionssystem (höheres Antrittsalter) ließe sich Druck herausnehmen, ist die Agenda überzeugt. Michael Bachner

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