Chaos an griechischen Finanzämtern

An griechischen Steuerämtern herrschen chaotische Zustände, berichten griechische Medien am Mittwoch. Kein einziges Steuererklärungs-Dokument sei bisher an die Bürger geschickt worden. Wie das Nachrichtenportal der Sonntagszeitung towima.gr berichtete, hängt dies mit den anstehenden vorgezogenen Wahlen zusammen. Die Wähler sollten die Last der neuen Steuern nicht zu sehr zu spüren bekommen. Der Urnengang soll voraussichtlich bis Ende April stattfinden.
Jährlich werden in Griechenland schätzungsweise 15 bis 20 Milliarden Euro hinterzogen. Es gebe ausstehende Steuerforderungen des griechischen Staates gegenüber den größten Steuerschuldnern in Höhe von 63 Milliarden Euro, schreibt etwa die Wirtschaftswoche.
Hilfe von außen lehnen die griechischen Steuerbeamten vehement ab. Deutschland erklärte sich bereit, mehr als 160 Beamte zu schicken, um dem Land beim Aufbau einer modernen Finanzverwaltung zu helfen. Die Gewerkschaft der griechischen Steuerbeamten rief Finanzminister Evangelos Venizelos auf, ein entsprechendes Angebot abzulehnen. "Das kontinuierliche Gerede über den Einsatz fremder Steuerbeamter verursacht Verwirrung bei den hart arbeitenden griechischen Beamten", hieß es in einem Brief der Gewerkschaft an Venizelos, der am Mittwoch in der griechischen Presse veröffentlicht wurde.
Berlin: Griechen-Hilfe ist gescheitert
Im Oktober war der deutsche Wirtschaftsminister Philipp Rösler mit einer Delegation von rund 70 deutschen Unternehmern nach Griechenland gereist. Eine „Innovations- und Wachstumsoffensive“ sollte den maroden Staat dabei unterstützen, wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Michalis Chrysohoides, Minister für Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit und maritime Angelegenheiten, versprach viel - Abbau bürokratischer Hürden, Besserung der schlechten Zahlungsmoral –, hielt aber wenig. Nach sechs Monaten hält das deutsche Wirtschaftsministerium die bisherigen internationalen Bemühungen um mehr Wirtschaftswachstum in Griechenland für gescheitert, berichtet die Süddeutsche Zeitung (SZ) vom Mittwoch.
"Eine vorläufige Bilanz des deutschen Unterstützungsangebots fällt ernüchternd aus", heißt es demnach in einem Arbeitspapier des Ministeriums. "Die Umsetzung auf griechischer Seite ist nach wie vor unzureichend", wird darin dem Bericht zufolge weiter kritisiert.
Neben den Sparanstrengungen sollte in zahlreichen Punkten die Wettbewerbsfähigkeit des Landes gestärkt werden. Das Wirtschaftsministerium kritisiert jedoch, die Regierung in Athen habe kein großes Interesse an einem solchen Ansatz: "Auf griechischer Seite genießt die Umsetzung offenbar keine Priorität. Das ist aus deutscher Sicht nicht akzeptabel", heißt es laut SZ in dem Arbeitspapier.
Parlament stimmt weiteren Kürzungen zu
Das griechische Parlament hat am Dienstagabend weiteren Haushaltskürzungen zugestimmt, wie sie von den Gläubigern des hochverschuldeten Landes verlangt werden. 202 der 283 anwesenden Abgeordneten stimmten Einschnitten in Höhe von 3,2 Milliarden Euro für das Jahr 2012 zu. Die Sparmaßnahmen sehen unter anderem Lohn-, Renten- und Sozialkürzungen vor.
Die privaten Gläubiger - Banken, Versicherungen und Hedgefonds - sollen in den kommenden Tagen ihre griechischen Schuldscheine in neue Anleihen mit längeren Laufzeiten und geringeren Zinsen umtauschen. Die Zeit drängt, denn bis zum 20. März muss die Regierung in Athen Schulden in Höhe von 14,5 Milliarden Euro tilgen. Ohne finanzielle Unterstützung ist Griechenland dazu nicht in der Lage.
EU-Kommissar für Griechenland
Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker hat einen eigenen EU-Kommissar mit Zuständigkeit für Griechenland gefordert. "Ich wäre sehr dafür, dass ein EU-Kommissar mit dem Aufbau der griechischen Wirtschaftsstruktur beauftragt wird", sagte Juncker der Tageszeitung Die Welt von Mittwoch. Es handle sich dabei aber nicht um die Beauftragung des umstrittenen "Sparkommissars".
Ein EU-Kommissar sei nötig, weil die Wirtschaftsstruktur des Landes "der unseren in keiner Weise vergleichbar" sei, sagte der luxemburgische Regierungschef weiter. Die griechische Regierung habe es "bisher nicht vermocht", die wirtschaftliche Infrastruktur des Landes an europäische Standards anzupassen. "Deshalb müssen wir bei der Umsetzung selbst mit anpacken", sagte Juncker der Zeitung. "Irgendjemand muss eben Hilfestellung bieten, die griechische Wirtschaftspolitik denken und vorausdenken." Monatliche Treffen der Euro-Finanzminister reichten dazu nicht aus.
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