Bulgariens Banken und Politik in der Krise

Was Ende vergangener Woche wie der Beginn des plötzlichen finanziellen Zusammenbruchs eines weiteren EU-Landes aussah, sorgt heute für Verschwörungstheorien in Bulgarien. Die Zweifel am politischen und rechtlichen System des Balkanlandes nehmen zu.
"Die Einlagen der Bürger werden entweder verloren gehen oder fallen der Rettung der bulgarischen Wirtschaft zum Opfer", hatte es am 26. und 27. Juni in Hunderten von eMails und SMS an Einleger bei der drittgrößten bulgarischen Bank, First Investment Bank (FIB), geheißen. Die Folge war ein Bank-Run, die FIB musste 800 Millionen Leva (etwa 400 Millionen Euro) an Kunden auszahlen.
"Es hat zu Unsicherheit über die Liquidität dieser Bank geführt und brachte das Risiko einer Übertragung auf weitere Institutionen – trotz der Tatsache, dass das bulgarische Bankensystem gut kapitalisiert ist und über eine hohe Liquidität verfügt", heißt es in einer Presseaussendung der EU-Kommission in Brüssel. Diese hat am Montag ihre Unterstützung für ein staatliches bulgarisches Hilfspaket von rund 1,7 Milliarden Euro ausgesprochen.
Vor einer Woche geriet auch das viertgrößte bulgarische Kreditinstitut, die Corporate Commercial Bank ( CCB), in Schwierigkeiten, nachdem ein großer Einleger sein Geld herausnahm.
Dubioses Netzwerk
Die bulgarischen Behörden haben sieben Personen in Verbindung zu den Nachrichten an FIB-Einleger festgenommen. "Wir haben festgestellt, dass ein lizenzierter Investitionsvermittler ein Netzwerk von Marketing-Firmen aufgebaut hat, durch das man Hunderte von Nachrichten geschickt hat", steht in einer Presseaussendung der bulgarischen Behörde für die nationale Sicherheit. Namen von Tatverdächtigen gab sie nicht bekannt.
In den bulgarischen Medien und im Internet wird seither über die Hintergründe gerätselt: von innenpolitischen Machtkämpfen über die USA oder auch Moskau, das sich an Sofia wegen der Problemen um das South- Stream-Projekt rächen wolle, reichen die Thesen.
"Das Problem des bulgarischen Bankensystems ist die politische Krise im Land und der Zerfall von Oligarchen-Projekten", sagt der bulgarische Wirtschaftsexperte Georgi Ganev zum KURIER. In Bulgarien sieht man die Destabilisierung von CCB als einen Krieg zweier Oligarchen und früherer Geschäftspartner – dem Mehrheitsaktionär der CCB, Zvetan Vassilev, und dem Abgeordneten von der türkischen Minderheitspartei, Deljan Peevski. Peevskis Mutter besitzt viele Print- und TV-Medien im Land.
Am vergangenen Wochenende verkündete Staatspräsident Rossen Plevneliev eine vorzeitige Parlamentswahl im Bulgarien am 5. Oktober. Bei der EU-Wahl am 25. Mai hat die regierende Sozialistische Partei ein sehr schwaches Ergebnis erzielt.
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